Sozialversicherung Sozialversicherung: Streit über eine Reform der Pflegeversicherung

Berlin/dpa. - Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hatte vorgeschlagen,die Pflegeversicherung in ihrer bisherigen Form aufzugeben. Kirschnerund die Pflegekassen bedauerten, dass Vorstöße wie die aus den Reihender Grünen «eine ungeheuere Verunsicherung der Bevölkerung»auslösten. Der SPD-Politiker räumte am Donnerstag im NDR allerdingsein, dass wegen der langfristig steigenden Kosten neue Wege bei derPflege-Finanzierung gesucht werden müssten.
«Die Pflegeversicherung hat sich im Prinzip bewährt», sagte diegesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Helga Kühn-Mengel,im Südwestrundfunk. Die Pflegeversicherung habe «große Akzeptanz beider Bevölkerung» gefunden. Sie verwies darauf, dass vor Einführungder Versicherung in den 90er Jahren rund 80 Prozent der Heimbewohnervon Sozialhilfe abhängig gewesen seien. Inzwischen seien es nur noch25 Prozent.
Der Behinderten-Regierungsbeauftragte Karl Hermann Haack (SPD)sieht durch die Überalterung der Gesellschaft die Leistungsfähigkeitder Pflegeversicherung bedroht. «Ich trete daher für einen Neuanfangmit Perspektive ein», sagte er und plädierte für die Zusammenlegungvon Pflege- und Krankenversicherung. Die Präsidentin desparitätischen Wohlfahrtsverbandes und Mitglied der Rürup-Kommission,Barbara Stolterfoht, stellte sich grundsätzlich hinter die VorschlägeGöring-Eckardts. Eigenvorsorge für den Pflegefall hält sie für jeneangebracht, die es sich leisten könnten: Die Einkommensgrenze dafürzog sie in der Münchner «Abendzeitung» bei «knapp unter 100 000 Euroim Jahr».
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnte vor einer Rückkehr zur«Almosen-Pflege». Der unwürdige Zustand, dass rund 80 Prozent derstationär betreuten Pflegebedürftigen früher auf Sozialhilfe unddamit auch auf ein zugeteiltes Mini-Taschengeld zur Deckung ihrerpersönlichen Bedürfnisse angewiesen waren, müsse ein für allemal derVergangenheit angehören, verlangte Vizepräsidentin Marianne Otte.
Die Spitzenverbände der Pflegekassen kritisierten Göring-EckardtsVorschläge zur Abschaffung der Pflegeversicherung und Integration vonPflegeleistungen in die Krankenversicherung. Die Pflegeversicherungmüsse aber entsprechend den Vorschlägen der Rürup-Kommissionzukunftssicher gemacht werden. Auch der Vorsitzende der Kommission,Bert Rürup, wandte sich gegen die Abschaffung der Pflegeversicherung.Erforderlich sei aber eine Modernisierung der Versicherung, sagte erim Deutschlandfunk. Um mehr Generationen-Gerechtigkeit zu erzielen,müssten die Rentner stärker an der Finanzierung beteiligt werden.
Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Petra Selg,relativierte die Forderungen ihrer Fraktionschefin. «Die Einführungder Pflegeversicherung war kein Fehler», sagte Selg der «BerlinerZeitung». Die Pflegeversicherung müsse zwar stark reformiert werden,eine Abschaffung komme aber nicht in Frage.