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Somalia Somalia: Hauptstadt Mogadischu unter Kontrolle der Übergangsregierung

28.12.2006, 07:02

Mogadischu/Johannesburg/dpa. - Die von Äthiopien unterstützten Soldaten der Übergangsregierungfuhren mit gepanzerten Fahrzeugen, auf die Maschinengewehre montiertwaren, in die Stadt ein. Der Chef der Übergangsregierung, Ali MohamedGedi, flog mit einem Hubschrauber von Baidoa, dem provisorischenRegierungssitz der vergangenen Monate, nach Mogadischu. Er äußertedie Hoffnung, dass die mächtigen regionalen Kriegsherren - die sogenannten Warlords, die unter den Islamisten an Einfluss verlorenhatten - die Regierung dabei unterstützen werden, «Gesetz undOrdnung» im Land wieder herzustellen.

Die Milizen der Union der Islamischen Gerichte hatten Mogadischuzuvor aufgegeben - wie sie sagten, um unnötiges Blutvergießen zuverhindern. Ein Teil der Kämpfer floh aus der Stadt, andereentledigten sich lediglich ihrer Uniformen oder Turbane und rasiertensich - wie Augenzeugen schilderten - die Bärte ab. IslamistenführerScheich Scharif Ahmed erklärte, der Abzug aus der Stadt bedeutekeineswegs eine Niederlage: «Mitglieder der Union der IslamischenGerichte werden sich nicht ergeben. Wir werden uns verteidigen unddem Feind eine Niederlage zufügen.» Er warf den äthiopischen Truppen«Völkermord am somalischen Volk» vor. Am Vortag hatte er von«Strategiewechsel» gesprochen und mit Guerillataktik gedroht.

Unter den ersten Maßnahmen, die die Übergangsregierung traf, wardie Aufhebung von Verboten, die die Islamisten verhängt hatten. Sodurften Kinos und Kioske, in denen die als Rauschmittel genutztenKat-Blätter angeboten werden, wieder öffnen. Auch durfte wiederUnterhaltungsmusik gehört werden.

Äthiopiens Ministerpräsident Meles Zenawi sagte derweil in AddisAbeba, sein Land habe seine Aufgabe zu 75 Prozent erfüllt. Jetztmüsse Somalia nur noch «von allen Terroristen» befreit werden. Daschristlich geprägte Land hatte den Islamisten, die nach dem Fall vonMogadischu im Juni den Großteil Somalias kontrollierten, amvergangenen Wochenende den Krieg erklärt und unter anderem mit seinerLuftwaffe in den Konflikt eingegriffen. Äthiopien unterstützte dieÜbergangsregierung, um einen islamischen Gottesstaat in Somalia zuverhindern. Die Afrikanische Union hatte am Vortag den sofortigenRückzug aller ausländischen Truppen auf beiden Seiten derKonfliktparteien gefordert.

Vor dem Einmarsch der Truppen der Übergangsregierung war es inMogadischu nach Angaben von Augenzeugen auch zu Plünderungengekommen. Kämpfer verschiedener warlords bemächtigten sich vieler dervon den Islamisten zurückgelassenen Waffen. Andere Gruppen hattenStraßensperren errichtet.

Während sich der UN-Sicherheitsrat nach einer weiterenergebnislosen Debatte am Mittwochabend bis aus weiteres nicht mehrmit dem Konflikt befassen wollte, warnten Organisationen undPolitiker vor einer humanitären Katastrophe und einerDestabilisierung der Nachbarstaaten. Als Vermittler ins Gesprächgebracht wurde Bundespräsident Horst Köhler. Er genieße hohen Respektin Afrika und solle sich «einmischen», forderte Karlheinz Böhm,Gründer der in Äthiopien aktiven Hilfsorganisation «Menschen fürMenschen», im Gespräch mit der «Abendzeitung» (Freitagausgabe).

Der schwedische Diplomat Jens Odlander - der an europäischenVermittlungsbemühungen beteiligt war - berichtete dem Rundfunkseines Landes aus Kenia, es gebe nun Berichte über heftige Kämpfezwischen den einzelnen Clans. «Die wenigen Krankenhäuser inMogadischu und anderen Städten sind nach Tagen heftiger Kämpfeüberfüllt.»

Vor der Küste Jemens sind derweil zwei Boote mit Flüchtlingenunter anderem aus Somalia gekentert. Bei dem Unglück am spätenMittwochabend seien mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen,berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. 140 Menschen werdennoch vermisst.

Bewaffnete Angehörige der Truppen der «Union der Islamischen Gerichte» lagern nahe der Stadt Mogadischu in Somalia. (Foto: dpa)
Bewaffnete Angehörige der Truppen der «Union der Islamischen Gerichte» lagern nahe der Stadt Mogadischu in Somalia. (Foto: dpa)
EPA