Simbabwe ruft wegen Cholera-Epidemie Notstand aus
Harare/Johannesburg/Genf/dpa. - Nach jüngsten Angaben der Vereinten Nationen wurden seit Ende August in dem verarmten Land im Süden Afrikas 12 546 Cholera-Fälle registriert, mindestens 565 Menschen starben an der Krankheit.
Das Gesundheitsministerium in Harare teilte am Donnerstag mit, dass mit Verkündung des Notstands internationalen Organisationen die Möglichkeit zu einer groß angelegten Hilfsaktion gegeben werden soll. Nach der EU hat auch der Nachbarstaat Botsuana einen Millionenbetrag für humanitäre Maßnahmen in Simbabwe zugesagt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erhöhte seine Hilfe für die Opfer der Epidemie.
Die Seuche breitet sich den Angaben zufolge in neun von zehn Provinzen des Landes aus. Die Hälfte der Fälle betrifft die Region Harare. Im Lauf der vergangenen Woche sei die Zahl der Ansteckungen um 30 Prozent gestiegen, die Zahl der Todesfälle gar um 176 Prozent, warnte das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA).
Grund für die Verschärfung der Situation sei der mangelnde Zugang zu sauberem Trinkwasser, teilte das IKRK mit. Das Wasser werde durch das defekte Kanalisationssystem verschmutzt. «Verstärkte Regenfälle und der Beginn der Überschwemmungszeit lassen eine Verschlimmerung der Situation befürchten», hieß es in Genf.
Hilfsorganisationen warnen, dass die Zahlen bei einer ungebremsten Ausbreitung der Seuche dramatisch steigen könnten. Bis März 2009 könnte es danach rund 10 000 Tote und 60 000 Infizierte geben. Zudem sei in dem von chronischem Mangel geplagten Land mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen.
Viele Familien könnten ihre toten Angehörigen nicht mehr melden. Zudem würden in den Statistiken nur die Erkrankten erfasst, die sich zur Behandlung gemeldet haben. Allerdings sind die meisten Krankenhäuser wegen des Zusammenbruchs des öffentlichen Dienstes geschlossen.
Die Seuche greift bereits auf Nachbarländer wie Südafrika über, wo bislang sechs Cholera-Tote gezählt wurden. Nachdem die südafrikanischen Behörden Cholera-Bakterien im Grenzfluss Limpopo nachgewiesen haben, wurde die Bevölkerung aufgerufen, das Wasser vor dem Trinken abzukochen.
Nach Angaben des IKRK trafen 13 Tonnen medizinische Hilfsgüter in der Hauptstadt Harare ein. Sie sollen in den kommenden Tagen in verschiedene Gesundheitszentren des Landes gebracht werden, teilte das IKRK in Genf mit.
In Südafrika berief die Regierung wegen der Lage in Simbabwe eine Dringlichkeitssitzung ein. Die politische Führung äußerte sich besorgt über die humanitäre Situation und will Hilfsleistungen koordinieren. Zugleich äußerte sie sich optimistisch, dass für die politische Krise in Simbabwe bald eine Lösung gefunden wird.
Nach Einigung der Konfliktparteien auf eine Verfassungsänderung - die unter anderem die Schaffung des Postens eines Ministerpräsidenten vorsieht - müsste nun endlich eine Koalitionsregierung gebildet werden. Südafrika werde in diesem Sinne Druck auf Präsident Robert Mugabe und den designierten Ministerpräsidenten Morgan Tsvangirai ausüben.
In Simbabwe gibt es nach den von Gewalt überschatteten Wahlen vom März noch immer keine neue Regierung. Der seit 28 Jahren regierende Mugabe hat trotz des Verlusts der Parlamentsmehrheit seine Macht gesichert. Gegen Tsvangirais Widerstand will er in der geplanten Koalitionsregierung auch das für die Polizei zuständige Innenministerium kontrollieren.
Unterdessen wird der Geheimdienst mit der Verschleppung der Menschenrechtlerin Jestina Mukoko vom «Zimbabwe Peace Project» in Verbindung gebracht. Das «Project» dokumentiert und veröffentlicht brutale Übergriffe in Simbabwe. Die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung appellierte gemeinsam mit simbabwischen, südafrikanischen und internationalen Organisationen an die simbabwischen Behörden, sich für die sofortige Freilassung Mukokos einzusetzen.