Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat: Wie die SPD ihre Führungs-Riege neu sortiert

Berlin - Noch passiert vieles hinter verschlossenen Türen. Nur gelegentlich blitzen unvermittelte Bekundungen auf. Dann erklärt SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, der Parteivorsitzende unterstütze eine zweite Amtszeit von ihr. Oder Sigmar Gabriel erwähnt beiläufig, natürlich wolle er Kanzlerkandidat werden.
Das alles sind Vorzeichen des SPD-Parteitages Anfang Dezember, bei dem das Personaltableau der Genossen für die Zeit bis zur Bundestagswahl festgelegt wird. Bei einem internen Spitzen-Treffen an diesem Sonnabend werden nach Informationen dieser Zeitung die entscheidenden Weichen gestellt.
Heiko Maas an die Spitze?
An Gerüchten besteht kein Mangel. Bereitet EU-Parlamentspräsident Martin Schulz einen Wechsel in die Bundespolitik vor? Rückt Justizminister Heiko Maas in die SPD-Spitze auf? Muss die glücklose Parteivize Aydan Özoguz ihren Posten räumen? Vieles ist vorgeschlagen, diskutiert und teilweise auch von Gabriel betrieben worden.
Aber: „Die Operation ist höchst kompliziert“, sagt ein Mitglied der SPD-Spitze. So könnte es gut sein, dass sich am Personaltableau der Partei gar nicht so viel ändert, wenn in Berlin das Präsidium, die Ministerpräsidenten und der Fraktionschef zusammenkommen. Doch die Manöver im Vorfeld verraten einiges über die Nervosität der Genossen angesichts der trotz Unions-Schwäche stagnierenden eigenen Umfragewerte.
Lesen Sie auf der folgenden Seite, warum Gabriel Fahimi für eine Fehlbesetzung hält.
Eigentlich hatte sich Gabriel schon im Sommer zum engeren Personaltableau äußern sollen. Doch damals stand er wegen seines Kurses in der Griechenlandkrise und bei der Vorratsdatenspeicherung innerparteilich unter Druck. Eine Diskussion über seine Wiederwahl sollte vermieden werden.
Das war der eine Grund. Doch gleichzeitig suchte Gabriel, der Fahimi inzwischen für eine Fehlbesetzung hält, nach Informationen aus der SPD-Spitze aktiv nach einer Alternative. Doch die Kandidaten winkten ab. Als Fahimi von der Sache Wind bekam, kündigte sie Anfang Oktober selbst ihre zweite Amtszeit an. Gabriel wird sie nun wohl zähneknirschend unterstützen.
Yasmin Fahimi eine Fehlbesetzung
Einfacher wird der Job für Fahimi aber nicht. Bei ihrer Wiederwahl auf dem Parteitag dürfte sie als Blitzableiter für manchen aufgestauten Frust über Gabriel herhalten müssen. Nachdem dieser seine Kanzlerkandidatur angekündigt hat, kann ihn die Partei nicht direkt abstrafen. Auch eine – von Gabriel theoretisch begrüßte – Doppelspitze mit einer Frau wird es kaum geben. Ein solcher Schritt könnte in der Öffentlichkeit als Schwächung des Kandidaten gewertet werden.
Gabriels sechs Stellvertreter Hannelore Kraft, Olaf Scholz, Ralf Stegner, Manuela Schwesig, Thorsten Schäfer-Gümbel und Aydan Özoguz treten nach derzeitigem Stand noch einmal an. Doch gab es deutlich mehr Kandidaten: Gerne hätte Gabriel seinen Vertrauten Schulz und den öffentlichkeitswirksamen Maas mit einem Vize-Posten in die erste Reihe geholt. Auch gab es Stimmen, die für eine Aufwertung der rheinland-pfälzischen Spitzenkandidatin Malu Dreyer plädierten.
Revolution dürfte ausfallen
Wochenlang hat Gabriel hin- und herüberlegt. Am Ende dürfte die Revolution trotzdem ausfallen. Persönliche Motive und komplizierteste Frauen-, Flügel- und Migrantenquoten stehen dem entgegen. Dreyer will nach Informationen dieser Zeitung vor der Landtagswahl kein Signal möglicher bundespolitischer Ambitionen aussenden.
Maas würde das Gleichgewicht von Regierungs- und Nichtregierungsvertretern durcheinanderbringen. Und Schulz müsste gegen Özoguz antreten. Mit deren öffentlicher Wirkung ist Gabriel zwar unzufrieden. Aber ein jovialer männlicher Rheinländer statt einer Migrantin – das wäre in diesen Zeiten dann doch ein zu heikles Signal.
