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Sicherungsverwahrung Sicherungsverwahrung: Ein Gesetz schreibt Geschichte

04.05.2011, 17:38

KARLSRUHE/DAPD/MZ. - 1933 erlassen die Nationalsozialisten ein "Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung". Die Schuld eines Täters wird zwar mit der Haftstrafe gesühnt. Wo aber den Schutzbedürfnissen der Allgemeinheit nicht Rechnung getragen wird, kommen "Maßregeln" wie etwa die Sicherungsverwahrung hinzu. Eine zeitliche Befristung gibt es nicht.

1953 werden die Regelungen aus der NS-Zeit unverändert in das Strafgesetzbuch übernommen und erst 1969 leicht modifiziert.

1975 wird eine zeitliche Höchstgrenze der SV von zehn Jahren eingeführt.

1998 wird die Höchstdauer der SV von zehn Jahren nach einer Reihe Aufsehen erregender Fälle von Kindesmissbrauch wieder abgeschafft und gilt wieder unbegrenzt.

2002 wird die im Urteil "vorbehaltene" Sicherungsverwahrung eingeführt. Sie ist damit nur angedroht und kann verhängt werden, wenn ein Straftäter am Ende der Haft als für die Allgemeinheit gefährlich eingestuft wird.

2004 wird die "nachträgliche" Sicherungsverwahrung eingeführt. Sie kann am Ende der Haftzeit vor der Entlassung verhängt werden, wenn neue Tatsachen für die Gefährlichkeit des Verurteilten erkennbar werden. Überdies wird die zehnjährige Sicherungsverwahrung, die bei Taten vor 1998 verhängt wurde, später in mehreren Fällen rückwirkend verlängert, und zwar auf unbestimmte Zeit.

2009 verurteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die nachträgliche SV sowie die nachträglich verlängerte SV.

2011 tritt eine Reform in Kraft, die den gesetzlichen Flickenteppich beenden soll. Serienbetrüger sind kein Fall mehr für die SV, nur noch Gewaltverbrecher. Die vorbehaltene SV wird ausgebaut, die nachträgliche SV abgeschafft. Als "psychisch gestört" eingestufte Gewalttäter werden aber nicht freigelassen, sondern therapiert.