Sexarbeit Sexarbeit: Neues Gesetz zur Prostitution zieht sich weiter hin

Frankfurt - An alle Sexarbeiterinnen! war der Aufruf zur zentralen Protestaktion der Prostituierten gegen das Prostituierten-Schutz-Gesetz dieser Tage in Frankfurt überschrieben: „In Deutschland soll es bald ein neues Gesetz zur Prostitution geben. Sehr wahrscheinlich wird es schon Anfang 2016 in Kraft treten.“ Es dürfte die Gegner des Gesetzes beruhigen, dass der Entwurf zum Prostituierten-Schutz-Gesetz bislang nicht einmal in der Ressortabstimmung ist. So bald wird es also vermutlich noch kein neues Gesetz geben.
Betrachtet man die Historie des Projekts könnte es im Gegenteil noch lange dauern, bis sich die Koalitionspartner SPD und Union über die zwischen ihnen umstrittenen Punkte geeinigt haben. Die Verhandlungen darüber sind festgefahren. Der Union ist der Entwurf zu liberal, den Sozialdemokraten nicht liberal genug.
Der SPD ging es in den Verhandlungen um das neue Gesetz vor allem darum, dass alte zu korrigieren. Das vergleichsweise liberale Prostitutionsgesetz der früheren rot-grünen Regierungskoalition sollte erhalten, nicht ersetzt werden. Das Gesetz, das 2002 in Kraft trat, war nie dazu gedacht, die Prostitution zu fördern, sie sollte vielmehr im Sinne der Prostituierten entkriminalisiert werden. Allerdings vergaßen die Gesetzgeber von damals, eine Kontrolle des Gewerbes zu gewährleisten.
Das nachzuholen, ist der Kern der Gesetzesnovelle, die das SPD-geführte Familienministerium nun vorgelegt hat. Das Gewerbeamt kontrolliert Kneipen, Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte aber keine Bordelle. Derzeit ist es leichter ein Bordell zu eröffnen und zu betreiben, als eine Kneipe an der Ecke. Für die Kneipe müssen Genehmigungen vorgelegt und Hygienevorschriften eingehalten werden. Wer ein Bordell eröffnet, wird dagegen derzeit von keiner Behörde mit einschlägigen Vorschriften behelligt. Das soll sich ändern. Doch die Abstimmung mit dem Koalitionspartner ist schwierig. Die Union tut sich schwer damit, das Gewerbe zu regulieren. Ein gesetzliches Mindestalter von 21 Jahren konnte sie ebenso wenig durchsetzen wie verpflichtende Zwangsuntersuchungen.
Organisation kritisiert „Hurenpass“
Allerdings sieht der Gesetzesentwurf nun eine Anmeldepflicht für Prostituierte vor, für die der Nachweis einer medizinischen Beratung verpflichtend ist. Der Nachweis muss alle zwölf Monate neu erbracht werden, bei unter 21-Jährigen Prostituierten alle sechs Monate. „Sieht die zuständige Behörde Ansatzpunkte dafür, dass die Person nicht über die zu ihrem Schutz erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt oder in einer Zwangslage durch Dritte ausgebeutet wird, hat sie die für den Schutz der Person erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“, heißt es in den Eckpunkten des Gesetzentwurfs.
„Hurenpass“ nennt die Prostituierten-Organisation Dona Carmen diese Regelung und nennt die Beratung einen „Idioten-Test“ für Prostituierte. Das zuständige Familienministerium kontert: „Behörden dürfen nicht die Augen davor verschließen, wenn bei der Anmeldung einer Prostituierten erkennen, dass diese Person der Prostitution nicht aus freiem Willen, sondern unter Zwang nachgeht“, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums. „Die Behörde hat dann zu prüfen, welche Schritte zum Schutz der Person im Einzelfall sachgerecht sind.“
Die SPD hofft nun auf eine Einigung. Am Donnerstag wollen die zuständigen Gremien noch einmal zusammenkommen. „Es war nicht leicht für die SPD, der Melderegelung für Prostituierte zuzustimmen“, sagt die Bundestagsabgeordnete Carola Reimann für ihre Fraktion. Dagegen begrüßt sie die Regelung, nach der das Betreiben einer Prostitutionsstätte künftig nur dann zulässig sein soll, wenn hierfür eine Erlaubnis der zuständigen Behörde vorliegt. Die SPD setzt nun auf ein Entgegenkommen der Union. „Ich habe den Eindruck, das Vorhaben liegt auch den Kollegen der Unions-Fraktion am Herzen.“ Es wäre Zeit für eine Umsetzung. Eckpunkte des Gesetzesvorhabens legte das Familienministerium bereits im August 2014 vor, die ergänzenden Vereinbarungen der Koalitionsfraktionen datieren vom 3. Februar 2015.