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Serbien-Montenegro Serbien-Montenegro: Orthodoxe Kirche agiert auf der Seite der Nationalisten

25.08.2005, 06:20
In Begleitung des serbisch-montenegrinischen Außenministers Vuk Draskovic nimmt der serbisch-orthodoxe Patriarch Pavle in Gazimestan an einer Feier zum 616. Jahrestag der Schlacht von Kosovo teil (Foto: dpa)
In Begleitung des serbisch-montenegrinischen Außenministers Vuk Draskovic nimmt der serbisch-orthodoxe Patriarch Pavle in Gazimestan an einer Feier zum 616. Jahrestag der Schlacht von Kosovo teil (Foto: dpa) EPA

Belgrad/dpa. - Zwar werden die HeiligenMessen von der breiten Bevölkerung wie immer nur schlecht besucht,doch die serbische Staats- und Regierungsspitze nimmt regelmäßig an Gottesdiensten mit dem Patriarchen Pavle teil. Die Zeitungen erklärender Leserschaft zudem lang und breit die kirchlichen Feiertage undgemeinsame Auftritte von Spitzenpolitikern mit führenden Geistlichensind üblich geworden.

Mehr noch. Die am großserbischen Nationalismus orientiertePosition der Orthodoxie bestimmt nicht nur die Politik von Staat undRegierung in der abtrünnigen südserbischen Provinz Kosovo. Derdortige Bischof Artemije behindert als Dogmatiker, der auf absolutenserbischen Rechten besteht, jeden Kompromiss zwischen der albanischenMehrheit und der serbischen Minderheit.

Die Kirche ist auch mitschuldig an den zunehmend zerrüttetenBeziehungen Serbiens mit dem Nachbarn Mazedonien. Dort geht es um denJahrzehnte langen Streit, ob es eine eigene mazedonischeNationalkirche geben darf, die sich von der serbischen Orthodoxieabgespalten hat. Belgrad hatte bereits einen eigenen Erzbischof fürMazedonien ernannt, der jedoch wurde der wegen «Schüren religiösenHasses» in Mazedonien zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.Nach einem Aufruf des Patriarchen hat sich die serbische Staats- undRegierungsspitze für die Freilassung von Bischof Jovan eingesetzt.

In der Krisenregion Montenegro, dem kleineren Landesteil desgemeinsamen Staates Serbien-Montenegro, sorgt die orthodoxe serbischeKirche ebenfalls für Missstimmungen. Sie will ähnlich wie dieserbischen Politiker eine geplante Abspaltung des «Brudervolkes»verhindern. «Sie will beweisen, dass sie selbst über dem Staatsteht», kritisiert die montenegrinische Regierungspartei. Um ihre«Allmacht» zu belegen, hat sie gegen den Willen der Regierung auf derSpitze des Berges Rumija östlich der Adriastadt Bar eine Minikircheaus Blech aufgestellt. Die Armee hatte mit Blick auf dietraditionelle Verbundenheit zwischen Militär und Kirche in Serbiendas Unikum per Hubschrauber in luftige Höhen transportiert.

Die Kirche hatte bereits auf dem Gipfel des Berges Bjelasica (80Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Podgorica) gegen den Willen derRegierung von Montenegro eine Kapelle errichtet. Hinter diesenNadelstichen steht der Erzbischof Amfilohije, der den alsKriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadzic einen «serbischenHeldensohn» nennt. Er vertritt offen großserbische Positionen undwird von liberalen Mitbürgern als «Taliban» oder «Oberst» bezeichnet.«Ich frage doch keine ehemaligen Kommunisten», hatte er am Wochenendein Richtung montenegrinischer Regierung erklärt. «Ich frage dochkeinen Blinden, wohin man gehen muss». Der erzkonservative, extremnationalistische Amfilohije, hat beste Chancen, Nachfolger desbetagten Patriarchen Pavle zu werden.