Schweinegrippe Schweinegrippe: Ohne Ende Probleme bei Massenimpfung

Berlin/dpa. - Vor zwei Monaten wollten sich laut Umfragen nur 13 Prozent auf jeden Fall impfen lassen. Nun läuft die Massenimpfung - und viele Impfwillige gehen zunächst leer aus. Vor allem für Schwangere gibt es bisher keine Klarheit über den mittlerweile von vielen ersehnten Piekser für mehr Sicherheit.
Beispiel Berlin: In rund 100 Arztpraxen sollte seit Montag geimpft werden - bei vielen gab es aber Fehlanzeige. Der Serumkurier blieb im Verkehr stecken, kam außerhalb der Öffnungszeiten zu den Praxen oder lieferte weniger als gebraucht. Die Kinderärzte der Hauptstadt wollenwenigstens chronisch kranke Kleine in von der Stadt gestellten Räumen umsonst impfen - die Behörden prüfen das Angebot noch.
Beispiel Frankfurt/Main: Von den Landesbehörden bekamen dieSchulleiter den Ratschlag, die Lehrer sollten sich impfen lassen. Die Gesundheitsämter teilten postwendend mit, dafür fehle es an Kapazitäten. Beispiel Tübingen: Die meisten Praxen führen Wartelisten - Impfstofflieferungen blieben zunächst aus.
Im stark betroffenen Bayern steigt die Zahl der Infizierten rasant an - allein von Dienstag auf Mittwoch wurden innerhalb von 24 Stunden 1530 neue Fälle bestätigt. Kein Wunder also, dass die zunächst zurückhaltende Einstellung der Patienten sich ins Gegenteil verändert hat, wie der Allgemeinmediziner Bernhard Lutz in Poing bei München sagt. «Seit einer Woche hat ein richtiger Ansturm auf die Impfung eingesetzt», berichtet der Mediziner. «Die Hälfte der Patienten verlangt sofort nach der Impfung, die andere fragt besorgt nach.»
In vielen Arztpraxen läuft die Impfung auch problemlos. «Das Ganze war in vier, fünf Minuten erledigt», berichtet ein Mann, der sich in Berlin morgens bei seinem Hausarzt impfen ließ. Schließlich hieß es aus dem Bundesgesundheitsministerium vor Wochen auch stets: «Jeder, der sich impfen lassen will, kann auch geimpft werden.» Risikopatienten zuerst - dann die anderen. Heute sind manche Ärzte aber vergrätzt: «Ich kann nur hoffen, dass hier niemals die Pest ausbricht», schimpft der Vorsitzende der Berliner Frauenärzte, Albrecht Scheffler. Die Bundesärztekammer beruhigt: So schlimm verlaufe die neue Grippe zum Glück meist nicht, sagt Kammer-Vize Frank Ulrich Montgomery. «Deswegen kann man jetzt alles mal üben.»
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) versichert: DieEngpässe können beseitigt werden. Ein Vertreter des Impfstoff-Herstellers Glaxosmithkline ist bei Gesprächen mit Rösler und seinen Länder-Kollegen im Ministerium an der Berliner Friedrichstraße dabei. Die Bundesländer haben insgesamt 50 Millionen Impfdosen bestellt. Das Pharmaunternehmen hatte Lieferschwierigkeiten mit Problemen bei der Vermehrung des Saatvirus erklärt.
Haben die Behörden den Impfstoff im Sommer zu spät geordert? «Wir waren spät dran», sagt der Hallenser Mikrobiologe Alexander Kekulé in der ARD. Die Berliner Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) weist dies prompt zurück.
Angesichts der Schwierigkeiten fragen sich manche, wie sie mit den Aufforderungen aus der Ärzte umgehen sollen. So sollen lautBerufsverband der Kinder- und Jugendärzte auch Kinder unter dreiJahren gegen die neue Grippe geimpft werden. Wenn Eltern von Kindern ohne chronische Leiden beispielsweise in der Hauptstadt aber bei Gesundheitsämtern oder Ärzten fragen, handeln sie sich reihenweise Absagen ein.
Völlig unklar ist zunächst auch, ob der gesonderte Impfstoff fürSchwangere bald kommt. Möglichst ohne die strittigenWirkungsverstärker und nur mit Virenteilen soll dieses Serumausgestattet sein. «Die Verträge sind noch nicht abgeschlossen»,heißt es dazu im Rösler-Ressort. Das Robert Koch-Institut aber willVerunsicherung vermeiden: Bis der gesonderte H1N1-Impfstoff zurVerfügung stehe, könne auch eine Impfung mit dem bereits verfügbaren Pandemrix auch bei Schwangeren sinnvoll sein. Voraussetzung: eine eingehende Besprechung mit dem Arzt.