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Schweden Schweden: EU-Gericht reißt eine Lücke in das Alkoholmonopol

05.06.2007, 09:12
Das schwedische Alkoholmonopol verstößt nacheinem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Teilen gegenden Grundsatz des freien Warenverkehrs. (Foto: dpa)
Das schwedische Alkoholmonopol verstößt nacheinem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Teilen gegenden Grundsatz des freien Warenverkehrs. (Foto: dpa) dpa

Luxemburg/Stockholm/dpa. - Das bishergeltende Gesetz, wonach Bestellungen nur über die MonopolorganisationSystembolaget möglich sind, verstoße gegen den EU-Grundsatz desfreien Warenverkehrs.

Regierungsvertreter in Stockholm und schwedische Experten wertetendas Luxemburger Urteil einhellig als völlig überraschend sowie einenschweren Schlag gegen die im internationalen Vergleich sehrrestriktive schwedische Alkoholpolitik. Die Chefin von Systembolaget,Anitra Steen, sagte, sie erwarte dennoch für den Verkauf von Bier,Wein und hochprozentigem Alkohol keine «gravierenden praktischenAuswirkungen». Als wichtigsten Grund nannte sie die nach wie vorgeltende hohe Besteuerung auch importierter Alkoholika.

Ausgangspunkt der Entscheidung des EU-Gerichts waren mehrereKartons spanischen Rotweins, die der Schwede Klas Rosengren gemeinsammit zehn Freunden und Verwandten teils per Versandhandel und teilsdirekt beim Winzer bestellt hatte. Die Lieferung wurde vom Zoll inGöteborg beschlagnahmt, gegen die Besteller wurde ein Strafverfahreneingeleitet. Das Alkoholmonopol regelt nicht nur den Einzelhandel inSchweden, sondern verbietet auch Privatpersonen die direkteBestellung von alkoholischen Getränken im Versandhandel.

Das EU-Gericht entschied (Rechtssache C-170/04), es handele sichdabei um eine - nach EU-Recht verbotene - Beschränkung des freienWarenverkehrs. Dies gelte nicht nur für die Möglichkeit vonSystembolaget, Bestellungen eines Verbrauchers abzulehnen. Vor allemmüssten Bürger, die zur Bestellung über die Monopolgesellschaftgezwungen werden, «verschiedene Nachteile in Kauf nehmen». So müsseder Verbraucher Systembolaget die Verwaltungs- und Transportkostensowie zusätzlich eine Spanne von 17 Prozent zahlen, die bei einemDirektimport entfielen.

In dem Urteil hieß es, das Einfuhrverbot diene, anders als von derschwedischen Regierung behauptet, nicht dem Schutz derGesundheit: Systembolaget habe niemals eine Lieferung wegenbestimmter hoher Mengen abgelehnt. Tatsächlich gehe es bei demMonopol darum, das staatliche Unternehmen «als Vertriebskanal füralkoholische Getränke zu begünstigen». Auch die Behauptung, dasMonopol diene dem Schutz der Jugend, verwarf das Gericht.

Das Verkaufsnetz von Systembolaget besteht in Schweden aus 411«Boutiquen» sowie aus 560 kleineren «Verkaufsstellen» in ländlichenGegenden, beispielsweise Läden, Kioske oder Tankstellen. Der Chef desInstitutes für Volksgesundheit, Gunnar Åhgren, sagte im Rundfunk, eswerde nach der Luxemburger Entscheidung sehr viel schwerer, diebisherige schwedische Linie zur Einschränkung des Alkoholkonsumsbeizubehalten. Das gelte vor allem für die Einhaltung und Kontrollevon Altersgrenzen bei Jugendlichen.