Schweden Schweden: Anklage zum Mord an Anna Lindh liegt vor

Stockholm/dpa. - Die Stockholmer Staatsanwaltschaft hat am MontagAnklage gegen den 25-jährigen Schweden Mijailo Mijailovc wegen Mordesan Außenministerin Anna Lindh erhoben. Der Sohn serbischerEinwanderer berief sich in seinem mit der Anklageschrift zwei Tagevor Prozesseröffnung veröffentlichten Geständnis auf den Zwang«innerer Stimmen», darunter der von Jesus. «Ich war verzweifelt, undwusste nicht, was ich tun sollte. Dann hörte ich diese Stimmen, diezu mir sprachen. Da sah ich Anna Lindh und ging zum Angriff über»,sagte Mijailovic über den Hintergrund für seine Messerstiche gegen diepopulärste Politikern Schwedens im Stockholmer NK-Kaufhaus am 10.September vergangenen Jahres.
Dass die Außenministerin das Opfer seines Angriffes gewesen sei,nannte Mijailovic «Zufall». Er habe nichts persönlich gegen Lindhgehabt und sei politisch überhaupt nicht interessiert. Der 1120Seiten langen Anklageschrift zufolge stieß der Täter sein spätersichergestelltes Jagdmesser etwa zehn Mal in den Bauch, die Brust unddie Arme der 46-jährigen Politikerin. Die Mutter zweierminderjähriger Söhne starb 13 Stunden später an schweren Schädigungenihrer inneren Organe.
Die Zahl der Stiche wie die dabei angewandte Kraft seien Indiziendafür, dass der Täter nicht aus einem plötzlichen Affekt, sondernplanmäßig gehandelt habe, erklärte Oberstaatsanwalt ChristerPettersson. Nach Überzeugung der Polizei hatte der Attentäter Lindhab deren Betreten des Kaufhauses ohne Leibwächter 14 Minuten langverfolgt, ehe er vor einem Kleiderstand auf sie zustürzte.
Bei dem auf maximal drei Tage angesetzten Prozess ab Mittwoch kanndie Staatsanwaltschaft neben dem Geständnis auf zahlreiche als sichergeltende technische Beweise zurückgreifen. «Ausschlaggebend dabeisind die am Tatort gefundene DNA von Mijailovic sowie das Blut desOpfers an seiner Kleidung», sagte Pettersson. Als Kronzeugin solleine Freundin der Außenministerin aussagen, die Lindh bei demEinkaufsbummel begleitete, während des Anschlags direkt neben ihrstand und vergeblich versucht hatte, Mijailovic abzudrängen.
Der Anfang September aus psychiatrischer Behandlung entlasseneAttentäter gab an, dass er noch kurz vor dem Mord an Lindh um erneutepsychiatrische Behandlung gebeten, aber keinen Arzttermin bekommenhabe. Vor der Tat habe er seine Medizin nicht genommen und drei bisvier Nächte nicht geschlafen.
Lindhs Witwer Bo Holmberg lässt sich im Prozess auch im Namenseiner beiden 9 und 13 Jahre alten Söhne als Nebenkläger vertretenund will Schadensersatz von Mijailovic verlangen. Er wollte sich zudem Geständnis des Täters nicht äußern und bleibt für die Dauer desVerfahrens mit den Kindern für verlängerte Weihnachtsferien inSüdafrika.
Schwedens Polizeichef Sten Häckscher lobte die Ermittlungsarbeitder Kripo zum Mordfall Anna Lindh als «ausgesprochen professionellund hochklassig». Seit der Ermordung von Ministerpräsident Olof Palme1986 ist die Polizei wegen zahlloser Pannen und bis heute erfolgloserFahndungsarbeit heftiger Kritik ausgesetzt gewesen.