Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein: Koalitionsvertrag in Kiel unterzeichnet
Kiel/ddp. - Am Samstag setzten Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und FDP-Landeschef Jürgen Koppelin sowie diebeiden Fraktionschefs Christian von Boetticher (CDU) und WolfgangKubicki (FDP) ihre Unterschrift unter das 57-seitige Arbeitsprogrammder künftigen Regierung. Letztlich treffen Parteitage am 24. Oktoberaber die Entscheidung über das geplante Regierungsbündnis. GroßerWiderstand wird dabei nicht erwartet.
Carstensen sprach von einer «Koalition des Aufbruchs». WichtigstesZiel seien «die Überwindung der Finanzkrise und die Bewältigung derVertrauenskrise». Im künftigen schwarz-gelben Kabinett seien«bewährte und neue» Kräfte. Koppelin betonte, «eine Grundlage fürgute Zusammenarbeit ist da». Es gebe auf beiden Seiten weder Gewinnernoch Verlierer.
Bereits am Freitagabend hatten die Spitzengremien vonChristdemokraten und Liberalen den Koalitionsvertrag jeweilseinstimmig gebilligt. Die FDP stellt künftig drei Minister. Feststehen Heiner Garg als Sozial- und Ekkehard Klug alsBildungsminister. Unbekannt ist noch, wer das Justizministeriumübernimmt.
Auf CDU-Seite bleibt Rainer Wiegard dem Vernehmen nachFinanzminister, künftig allerdings ohne die Aufsicht über dieangeschlagene HSH Nordbank. Die übernimmt der als neuerWirtschaftsminister gehandelte Jost de Jager. Als Innenminister istKlaus Schlie im Gespräch. Der künftige Landwirtschaftsminister istnoch nicht bekannt.
CDU und FDP wollen im nördlichsten Bundesland bis 2020 zehnProzent der rund 56 000 Stellen im Landesdienst abbauen. So soll dermarode Haushalt saniert werden. Eine Haushaltsstrukturkommission sollunter Beratung durch den Landesrechnungshof die Etat-Konsolidierungvoranbringen. Neue Aufgaben und Schwerpunkte sollen durch Verzichtauf bisherige finanziert werden. «In etwa 500 Millionen EuroInvestitionen» lägen brach, weil sich durch den Denkmalschutz und dieLandesplanung verhindert würden, sagte Kubicki. Deshalb solle es dortÄnderungen geben.
Die Atomaufsicht wandert vom Sozial- ins Justizministerium.«Atomaufsicht ist in erster Linie Rechtsaufsicht», sagte Boetticher.
Carstensen will sich am 27. Oktober mit der Drei-Stimmen-Mehrheitvon Schwarz-Gelb im Kieler Landtag wiederwählen lassen. Derlangfristige Bestand dieser Mehrheit ist aber nicht sicher. Grüne undSüdschleswigscher Wählerverband (SSW) haben eine Normenkontrollklagegegen das Landeswahlgesetz beim Landesverfassungsgericht eingereicht.
Hintergrund ist die umstrittene Sitzverteilung. CDU und FDPverfügen gemeinsam über 49 der 95 Sitze, obwohl sie wenigerZweitstimmen erhielten als SPD, Grüne, SSW und Linke zusammen. Grundsind drei ungedeckte Überhangmandate der Union. Nur acht der elfMehrsitze für die CDU wurden ausgeglichen.
Mit der laufenden Normenkontrollklage soll geprüft werden, ob dieBegrenzung der Ausgleichsmandate durch das Landeswahlgesetzverfassungskonform ist. Bei einem vollen Ausgleich derÜberhangmandate kämen SPD, Grüne, SSW und Linke zusammen auf 51Sitze, CDU und FDP nur auf 50.
Kritik am Koalitionsvertrag gab es von der Opposition. «Dies istkeine Regierung, dies ist nur eine Verwaltung», sagte SPD-LandeschefRalf Stegner. Grünen-Landeschef Robert Habeck betonte, wichtigeEntscheidungen würden «vertagt oder in Formelkompromisse gegossen».