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Sachsen Sachsen: Polizeipräsident soll Dienst und Privates vermischt haben

23.03.2004, 16:48
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (Foto: dpa)
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Dresden/dpa. - Die Affäre um die anonymen Vorwürfe gegen Landespolizeipräsident Eberhard Pilz spitzt sich zu. Nach einerSondersitzung des Innenausschusses forderte die Opposition amDienstag personelle Konsequenzen. Die PDS-Landtagsfraktion will perLandtagsbeschluss Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) auffordern,seinen Innenminister Horst Rasch (CDU) zu entlassen. Die SPD will demRegierungschef im Landtag das Misstrauen aussprechen lassen.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle wies das Ansinnen umgehend zurück.«Wir denken nicht daran, solche Forderungen zu unterstützen», sagteer der dpa. «Das ist das übliche Spiel der Opposition. Wenn dieMehrheitsfraktion das anders sieht, hat sich die Sache erledigt.»Zudem verwies der Chef der Mehrheitsfraktion darauf, dass für dieEntlassung von Ministern allein der Regierungschef zuständig ist.

Pilz ist seit Wochen mit anonymen Vorwürfen konfrontiert, ihmwerden ihm Dienstvergehen und die Vermischung von dienstlichen undprivaten Belangen vorgehalten. Er selbst sieht sich als Opfer einerRufmordkampagne, die mit Unzufriedenheit wegen der Umstrukturierungder Polizei zusammenhänge. Diese Unruhe gefährde jedoch nicht dieinnere Sicherheit, sagte er am Dienstag am Rande einer Sondersitzungdes Innenausschusses. Rasch hatte sich in der Sitzung erneut hinterPilz gestellt.

«Es ist ein Beweis von Führungsstärke des Ministerpräsidenten,wenn er sich dem öffentlichen Meinungsdruck widersetzt und einenMenschen nicht wegen anonymer und bislang substanzloser Vorwürfeverurteilt», erklärte Regierungssprecher Christian Striefler. «Geradewegen des bevorstehenden Wahlkampfes sollte sich die Opposition zurechtsstaatlichen Prinzipien bekennen und die Initiatoren einerRufmordkampagne nicht triumphieren lassen.»

Die PDS sieht durch die Amtsführung von Rasch die innereSicherheit gefährdet, weil es wegen der Debatte um Pilz erheblicheUnruhe in der Polizei und Verunsicherung in der Bevölkerung gebe. DerInnenminister verkenne die Situation, sagte der innenpolitische PDS-Sprecher Steffen Tippach zu Raschs Äußerungen in der von der PDSbeantragten Ausschusssitzung. Rasch verfüge über eine «verblüffendeAusblendungsfähigkeit» bei der Einschätzung der Lage. Tippach zufolgesieht Rasch trotz immer neuer Vorwürfe gegen den Pilz keine Unruhe inder Polizei, nach Einschätzung des Ministers sei die Qualität derPolizeiarbeit gewährleistet.

Tippach zeigte sich zudem empört, dass der Innenausschuss nichtüber den Personalwechsel in der Führungsetage des Innenministeriumsinformiert wurde. Die Entscheidung, einen leitenden Beamten in dasUmweltministerium zu versetzen, war parallel zur Sitzung auf einerPressekonferenz bekannt gegeben worden. Danach wird mit Wirkung vondiesem Donnerstag der Chef der Zentralabteilung, Bernd Groh (48), derVorgänger von Pilz als Landespolizeipräsident war, versetzt. EineBegründung dafür wurde nicht gegeben. Groh war im Zuge der Debatte umPilz in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Beiden wird einangespanntes Verhältnis nachgesagt.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, MatthiasKubitz, zeigte sich von der Personalentscheidung völlig überrascht.«Möglicherweise hängt sie mit der tobenden Schlammschlacht zusammen»,sagte er und verwies auf die Debatte um den Landespolizeipräsidenten.

«Da es dem Ministerpräsidenten offenbar an Stärke fehlt, einen ihmvon der CDU-Fraktion aufgenötigten Innenminister trotz erwiesenerUnfähigkeit zu entlassen, muss nun das Parlament die Notbremseziehen», erklärte PDS-Fraktionschef Peter Porsch. Rasch (51) - seit2002 im Amt - sei überfordert, in seinem Haus für Ordnung zu sorgen.

«Der Problemfall Innenminister ist schon längst zu einemProblemfall des Ministerpräsidenten geworden», erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Jurk. «Wenn Georg Milbradt nun nicht handelt,ist er ebenfalls Schuld an der Misere im Ministerium und in dersächsischen Polizei.» Die SPD will am morgigen Mittwoch beraten, obsie einen Antrag für eine Sondersitzung des Landtags stellt. Dazubraucht sie die Unterstützung der PDS.