Sachsen Sachsen: Datenschutzbeauftragter Giesen freigesprochen

Dresden/dpa. - Thomas Giesen sprach von einem «Freispruch erster Klasse». Damitsei sein Amt gestärkt worden. Er wolle sein Wächteramt in bewährterWeise fortsetzen. «Das Urteil ist ein Riesenerfolg für denDatenschutz.» Mit seiner Person habe erstmals in Deutschland einDatenschutzbeauftragter vor einem Strafgericht gestanden.
Dem 54-jährigen Juristen war vorgeworfen worden, im Sommer 2000Medien unrechtmäßig Dienstgeheimnisse mitgeteilt zu haben. NachAnsicht der Staatsanwaltschaft hatte Giesen damit «wichtigeöffentliche Interessen gefährdet». Auch diesen Vorwurf sah die 4.Große Strafkammer des Landgerichtes als nicht erwiesen an. DerStaatsanwalt hatte ein Geldstrafe von 9600 Mark (rund 4900 Euro)gefordert. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.
Giesen hatte seinerzeit dem damaligen Justizminister SteffenHeitmann (CDU) einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Datenschutzvorgehalten. Aus Aktenvermerken des Ministers folgerte Giesen, dasssich der Minister 1997 aus parteipolitischen Gründen über einErmittlungsverfahren gegen einen Görlitzer CDU-Kommunalpolitikerberichten ließ und Informationen darüber einen Landtagsabgeordnetender CDU weitergab. Heitmann bestritt dies, trat aber später zurück.
Richter Kotyrba übte in der Urteilsbegründung Kritik an derHandlungsweise Heitmanns, der in der Verhandlung als Zeuge ausgesagthatte. Zwar sei dem früheren Minister nicht nachzuweisen, dass erInhalte über ein Ermittlungsverfahren weitergab. Dennoch habe ersich über den Stand des Verfahrens informiert sowie auf eineBeschleunigung und «sensible» Behandlung gedrängt. Wenn eineStaatsgewalt einer anderen hereinrede, störe das die Unabhängigkeit.
Zugleich regte das Gericht eine Präzisierung des sächsischenDatenschutzgesetzes an. Es solle um einen Passus erweitert werden,der Auskunft gibt, wann der Datenschutzbeauftragte seine Kritik,Rügen und Beanstandungen veröffentlichen darf.
Bei der Opposition im Landtag löste das Urteil Zufriedenheit aus.Nach Ansicht des PDS-Rechtsexperten Klaus Bartl fällt der Vorwurfgegen Giesen nun auf die Ankläger zurück. Mit dem Prozess sei einpolitisch, rechtlich und fiskalisch höchst unnötiges Spektakellosgetreten worden. «Mit dem Urteil wird auch klar, dass dererzwungene Rücktritt Heitmanns seine völlige Berechtigung hatte»,sagte SPD-Fraktionschef Thomas Jurk. Die CDU wollte das Urteil nichtkommentierten. Die Frage einer Abwahl von Giesen habe in derFraktion nie zur Debatte gestanden, sagte Sprecher Hans Weller.
«Die Beweisaufnahme hat keine neuen Tatsachen ergeben, die nichtschon aktenkundig waren und der Kammer bereits bei Eröffnung desHauptverfahrens vorlagen», sagte Oberstaatsanwalt Claus Bogner aufAnfrage. Damit stehe das Urteil im Widerspruch zur Eröffnung desHauptverfahrens. Entweder hätte die Kammer Giesen verurteilen müssen,oder gar nicht erst das Hauptverfahren eröffnen dürfen. Ohne Vorlageder schriftlichen Urteilsbegründung sei aber nicht zu ergründen, obsich die Rechtsauffassung der Kammer geändert habe.