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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Staatssekretäre wollten Dienstwagen privat nutzen

Von Hendrik Kranert-Rydzy 06.04.2016, 17:32
Reiner Haseloff und sein früherer Dienstwagen: Der BMW ist mittlerweile durch einen sparsameren Audi A 8 ersetzt worden.
Reiner Haseloff und sein früherer Dienstwagen: Der BMW ist mittlerweile durch einen sparsameren Audi A 8 ersetzt worden. DPA Lizenz

Halle (Saale) - Am Mittwoch vergangener Woche trafen in der sachsen-anhaltischen Landesvertretung in Berlin zwei ehemalige Kollegen aufeinander: Die Ex-Finanzstaatssekretäre Heiko Geue (SPD) und Michael Richter (CDU) saßen bei einem Essen nebeneinander, das Staatsminister Rainer Robra (CDU) für einstige und amtierende Staatssekretäre der Landesregierung gab. Geue, heute Abteilungsleiter im Bundesfamilienministerium, und Richter, inzwischen Innenstaatssekretär, eint nicht nur, dass sie mal den selben Job hatten, sondern auch das gleiche Problem: Die Anfahrtskosten zur Arbeit.

Richter wohnt im brandenburgischen Großbeeren; im Ortsteil Kleinbeeren ist er ehrenamtlicher Gemeindevorsteher. Vor dort pendelt er beinahe täglich zum Platz des 17. Juni in Magdeburg, wo das Innenministerium seinen Sitz hat. Laut Google Maps sind das 142 Kilometer je Richtung. Für seinen hauptamtlichen Job als Staatssekretär stehen Richter allerdings neben knapp 10 000 Euro brutto monatlich auch ein Dienstwagen samt Fahrer zu. Das mildert auf den ersten Blick das Problem der langen Anfahrt. Das Problem: Anders als der Ministerpräsident und die Minister darf Richter als Staatssekretär den Dienstwagen privat kostenlos nur innerhalb des Landes nutzen. Verlässt er Sachsen-Anhalt, muss Richter wie alle Staatssekretäre für Privatfahrten zahlen. Und zwar 30 Cent je Kilometer und sogar 45 Cent, wenn auch ein Chauffeur am Volant sitzt. Bei Richter wären das ab der sachsen-anhaltischen Landesgrenze bei Schopsdorf (Jerichower Land) bis nach Großbeeren (Landkreis Teltow-Fläming) jeden Tag 180 Kilometer oder 81 Euro.

Änderung der Dienstwagen-Richtlinie gefordert

Da kommt übers Jahr was zusammen, weshalb Richter schon seit langem auf eine Änderung der Dienstwagen-Richtlinie des Landes drängt. Eine Neuregelung, wonach außerhalb Sachsen-Anhalts lebende Staatssekretäre einmal wöchentlich Anspruch auf eine kostenfreie Heimfahrt haben, reicht ihm offenbar nicht.

Jetzt aber sah der 61-Jährige seine Chance gekommen, das zu ändern: Richter ist Chef der Arbeitsgruppe Finanzen bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, SPD und Grünen. Und bereits zur Auftaktveranstaltung am Montag präsentierte Richter den Vorschlag, eine Neuregelung der Dienstwagen-Richtlinie in den zu entwerfenden Koalitionsvertrag aufzunehmen. „Richter hat massiv auf eine solche Neuregelung gedrängt“, bestätigten Unterhändler von CDU und SPD übereinstimmend. Und unisono lehnten Vertreter beider Parteien das Ansinnen ab. So etwas habe nichts im Koalitionsvertrag zu suchen, hieß es, und: „So eine Debatte bekommen wir nie wieder eingefangen.“ Richter selbst behauptet, über das Thema aus einem ganz anderen Aspekt gesprochen zu haben: „Es ging dabei um eine kommunale Geschichte und ökologische Aspekte, das wollten die Grünen so.“ Um die Frage, „wann jemand nach Hause fährt, ist es definitiv nicht gegangen“, so Richter. Wenn jemand einen Dienstwagen privat nutze, müsse er die kostenlose Nutzung ohnehin als geldwerten Vorteil versteuern. Das stimmt, doch die dabei in Rede stehenden Summen dürften nicht annähernd solche Größenordnungen erreichen, wie direkt an die Staatskasse zu zahlende Kilometerpauschalen.

Richter setzt mit dem Wunsch nach einer auskömmlicheren Regelung für die Nutzung seines Dienstwagens eine von seinem Vorgänger im Finanzministerium, Heiko Geue, ins Leben gerufene Tradition fort. Auch der in Berlin lebende Geue hatte jahrelang darauf gedrungen, seine Privatfahrten mit dem Dienstwagen nicht mehr direkt bezahlen sondern maximal als geldwerten Vorteil versteuern zu müssen. Bereits wenige Monate nach der Landtagswahl 2011 unternahm Geue einen Versuch, die Dienstwagen-Richtlinie zu ändern. Dies wurde aber umgehend vom Landesrechnungshof gestoppt.

Bis heute ist der Verdacht nicht ausgeräumt, Geue hätte im Anschluss Privat- als Dienstfahrten von und nach Berlin deklariert, um Geld zu sparen. Das Finanzministerium weigert sich jedoch seit Jahren, der MZ Einsicht in Geues Fahrtenbücher zu gewähren. Ein erstinstanzliches Urteil ging zugunsten des klagenden MZ-Redakteurs aus. Ein Strafermittlungsverfahren gegen Geue wurden einstellt. Richter wiederum muss sich möglicherweise nicht mehr um eine Neuregelung bemühen - er wird als neuer Finanzminister gehandelt. Wird er dies, kann er kostenlos nach Hause pendeln. Nur versteuern muss er den geldwerten Vorteil noch. (mz)