Russlands Präsident besucht Berlin
Berlin/dpa. - Unmittelbar vor dem Staatsbesuch des neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in Berlin haben Politiker und Menschenrechtsgruppen die Bundesregierung aufgefordert, auf die Umsetzung seiner Reform-Ankündigungen zu drängen.
Medwedew habe «mehr Offenheit, mehr Liberalität und mehr Demokratie versprochen», sagte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle der «Frankfurter Rundschau». «Es wäre gut, wenn schon bei diesem Deutschlandbesuch klar würde, dass Russland im Interesse unserer beiderseitigen Beziehungen diesen Weg tatsächlich einschlägt.»
Auf seiner ersten Reise in ein EU-Land nach seinem Amtsantritt vor vier Wochen trifft Medwedew heute zunächst mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Merkel wird Medwedew auch auf die von ihm angekündigten Reformen in Russland ansprechen. Im Anschluss wird er von Bundespräsident Horst Köhler empfangen und vor einem deutsch-russischen Forum eine Grundsatzrede halten.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), sagte der «FR», es liege nicht im deutschen Interesse, den russischen Präsidenten beim ersten Besuch mit einem seitenlangen Forderungskatalog zu konfrontieren. «Wir sollten ihn aber daran erinnern, dass wir mit den Menschenrechtsversprechen seines Vorgängers Wladimir Putin keine guten Erfahrungen gemacht haben.» Medwedew habe nun alle Möglichkeiten, es besser zu machen.
Die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Barbara Lochbihler, sagte der «Aachener Zeitung», ein gutes Zeichen wäre die Rücknahme des Gesetzes, mit dem nicht- staatliche Organisationen in Russland gegängelt und kontrolliert würden.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, lobte den Kurs Medwedews. «Wir beobachten, dass die Fragen nach der Kontinuität in Programm und Handeln des neuen Präsidenten allmählich beantwortet werden. Medwedew macht nach der Wahl das, was er vorher angekündigt hat. Das erfüllt unsere positiven Erwartungen», sagte der SPD- Politiker der «Berliner Zeitung».
Erler bezog sich auf Medwedews Appell an die Duma, die Verschärfung des Mediengesetzes nicht zu beschließen sowie Ankündigungen, die Führung der Streitkräfte auszutauschen und für mehr Umweltschutz einzutreten. In internationalen Fragen wie dem US- Raketenabwehrsystem, dem möglichen NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens bleibe die russische Politik aber auf dem Kurs, den Amtsvorgänger Wladimir Putin vorgegeben habe. «Daran wird auch der Besuch Medwedews in Berlin nichts ändern», sagte Erler.
Der CDU-Abgeordnete Holger Haibach beklagte «erhebliche Defizite» im russischen Justizapparat und wies auf den Fall des ehemaligen russischen Ölmagnaten Michail Chodorkowski hin. Er war 2005 in einem international kritisierten Prozess zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht reduzierte die Strafe später um ein Jahr. «Ich bin überzeugt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den Besuch von Präsident Medwedew nutzen wird, um den Fall anzusprechen und auf eine Freilassung oder zumindest Hafterleichterungen zu drängen», teilte Haibach in einer Erklärung mit.