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Ausschreitungen in mehreren Städten Russland: Verhaftungen von Nawalny-Vertrauten vor Protesten

Am Mittwoch ist es zu spontanen Protesten gegen die Behandlung des inhaftierten Oppositionspolitikers gekommen. Es werden über 180 Festnahmen in mehreren Städten berichtet.

Aktualisiert: 21.4.2021, 20:35
Ärzte warnen: Nawalnys Gesundheit und Leben seien eindeutig in Gefahr.
Ärzte warnen: Nawalnys Gesundheit und Leben seien eindeutig in Gefahr. Oded Balilty/AP/dpa

Moskau - Die russischen Behörden sind am Mittwoch gegen Anhänger und Unterstützer des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny vorgegangen. Im Zusammenhang mit Demonstrationen in mehreren Städten wurden nach Angaben der Menschenrechtsgruppe OWD-Info mindestens 182 Personen festgenommen, viele davon bereits vor Beginn der Kundgebungen. Unter ihnen waren zwei enge Vertraute Nawalnys in Moskau.

Nawalnys Team hat angesichts des nach Angaben seiner Ärzte dramatisch verschlechterten Gesundheitszustands ihres Mandanten zu Demonstrationen aufgerufen. Der Direktor der Stiftung zur Bekämpfung von Korruption, Wladimir Aschurkow, sagte der Nachrichtenagentur AP, Nawalnys Zustand sei kritisch, „und deshalb haben wir den Tag der Proteste vorverlegt.“ Seinen Ärzten zufolge müsste er auf Grundlage seiner Testergebnisse auf eine Intensivstation verlegt werden.

Der Stiftung zufolge waren Demonstrationen in mehr als 180 Städten geplant. Sie begannen jeweils um 19.00 Uhr Ortszeit, zunächst in der Stadt Wladiwostok, und gingen dann durch die Zeitzonen des großen Landes westwärts weiter. Sie fielen durch die Vorverlegung mit der Rede von Präsident Wladimir Putin zur Lage der Nation zusammen.

Darin erklärte Putin, Russland werde niemals Versuchen ausländischer Regierungen nachgeben, ihm deren Willen aufzuzwingen. Putin, der Nawalny öffentlich niemals namentlich erwähnt, sagte nicht, worauf sich diese Aussage bezog. Westliche Regierungen haben den Umgang Moskaus mit Nawalny scharf kritisiert und dessen Freilassung gefordert.

Die Behörden haben erklärt, die Kundgebungen seien nicht genehmigt und warnten vor einer Teilnahme. Die St. Petersburger Staatsuniversität für Luftfahrttechnik wies daraufhin, dass die Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration die Exmatrikulation zur Folge haben werde. OWD zufolge wurden in Jekaterinburg Büros von Nawalnys Organisation durchsucht und in Chaborowsk ein mit Nawalny verbundener Journalist festgenommen. In Wladiwostok riefen rund 1.000 Demonstranten „Russland ohne Putin!“.

In Moskau wurden die Nawalny-Vertrauten Ljubow Sobol und Kira Jarmysch am Morgen festgenommen. Jarmysch sei beschuldigt worden, illegale Versammlungen organisiert zu haben, sagte deren Anwältin Veronika Poljakowa.

Auch aus anderen Regionen Russlands wurden Polizeimaßnahmen gegen Nawalnys Unterstützer und Festnahmen von Aktivisten gemeldet. Nawalnys Stabschef Leonid Wolkow sprach von einer „traditionellen Vor-Kundgebungs-Hysterie“. „Wie üblich denken sie, wenn sie die Führer isolieren, werde es keinen Protest geben“, twitterte Wolkow. „Das ist natürlich nicht der Fall.“

Nawalnys Ärztin Anastasia Wassiljewa twitterte am Dienstag, Nawalnys Gesundheit und Leben seien eindeutig in Gefahr. Weitere seiner Ärzte betätigten das.

Nawalny ist am 31. März in den Hungerstreik getreten. Er wirft den Gefängnisbehörden vor, seine Ärzte nicht zu ihm zu lassen und seine Rückenschmerzen und Taubheit in den Beinen nicht angemessen zu behandeln. Er war im Februar wegen Unterschlagung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, was der Europäische Menschenrechtsgerichtshof als willkürlich und offensichtlich unangemessen bewertete.

Nawalny war im Januar bei seiner Rückkehr aus Deutschland verhaftet worden, wo er nach einem Giftattentat fünf Monate lang behandelt worden war. Für den Anschlag macht er den Kreml verantwortlich, er das zurückweist. Die Verhaftung löste die größten Protesten in Russaland seit Jahren aus. (ap)