Russland Russland: Putin entlässt Kreml-Stabschef Alexander Woloschin
Moskau/dpa. - In Russland haben ein Machtwechsel in dereinflussreichen Kremlverwaltung und die Beschlagnahme von Aktien desÖlkonzerns Yukos Zweifel am politischen Kurs des Landes ausgelöst.Der Vorsitzende der liberalen SPS-Partei, Boris Nemzow, bezeichneteam Freitag die Entlassung des Kreml-Stabschefs Alexander Woloschindurch Präsident Wladimir Putin als Schritt gegen die Interessen vonWirtschaft und Gesellschaft. Regierungschef Michail Kasjanow zeigtesich «zutiefst besorgt» über das Vorgehen der Justiz gegen Yukos unddessen Konzernchef Michail Chodorkowski. Kritiker sprachen von einer«Machtübernahme der Geheimdienstler».
Nach den Kursstürzen an der Moskauer Wertpapierbörse infolge derBeschlagnahme von offiziell 53 Prozent der Yukos-Aktien stabilisiertesich der Aktienmarkt am Freitag wieder. In der Nacht zuvor hatte derKreml verkündet, dass der 1999 vom damaligen Präsidenten Boris Jelzinernannte Stabschef Woloschin durch einen seiner Stellvertreter, den38-jährigen Putin-Vertrauten Dmitri Medwedjew, ersetzt werde.Woloschin gilt als Förderer der Interessen des vor einer Wocheinhaftierten Chodorkowski und hatte bereits vor Tagen seinenRücktritt angeboten.
Beobachter werten die Entlassung als entscheidenden Sieg derGefolgsleute Putins aus gemeinsamen KGB-Zeiten über die Mitgliederder einstigen «Jelzin-Familie», zu der unter anderem Woloschin,Regierungschef Kasjanow und auch Chodorkowski gezählt werden.
Am Tag nach den politischen Erschütterungen waren Politiker ausdem Umfeld Putins spürbar um Beruhigung bemüht. «Der Präsidentbestimmt den Kurs, seine Verwaltung kümmert sich nur um dieAusführung», sagte der Vorsitzende des Föderationsrates, SergejMironow. Als unbegründet bezeichnete der frühere sowjetischePräsident Michail Gorbatschow die Aufregung um die jüngstenEntscheidungen. «Ein Personalwechsel in Regierung und Verwaltung istnotwendig und wird sich fortsetzen. Ich würde dem Abgang Woloschinskeine besondere Bedeutung beimessen», betonte Gorbatschow.
Aus den Kreisen der «Jelzin-Familie» wurde dagegen Kritik an derPersonalentscheidung Putins laut. «Das ist schlecht und eine sehrernste Angelegenheit», sagte der frühere Kreml-Stabschef und heutigeVorstandsvorsitzende des Strommonopolisten RAO EES, AnatoliTschubais. Der Politologe Gleb Pawlowski beschwichtigte dagegen. «Mitder Ernennung Dmitri Medwedjews zum Stabschef hat Putin verhindert,dass die Radikalen im Kreml nach der Entlassung Woloschins dieOberhand gewinnen», sagte der Woloschin-Vertraute. «Diejenigen, dieneue Ämter in der Kremlverwaltung erhielten, sind ohne Zweifel Leutemit liberaler Gesinnung», betonte der Politologe Sergej Markow.