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Russland-Politik Russland-Politik: Offener Brief an Putin löst Streit bei Rot-Grün aus

30.09.2004, 11:05
Politiker und Intellektuelle rücken Russlands Präsident Putin in die Nähe eines Diktators. (Foto: dpa)
Politiker und Intellektuelle rücken Russlands Präsident Putin in die Nähe eines Diktators. (Foto: dpa) ITAR-TASS POOL/epa

Berlin/dpa. - Ein offener Brief von mehr als 100 Politikern mitscharfer Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin und an derwestlichen Russland-Politik hat einen Streit in der rot-grünenKoalition ausgelöst.

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler kritisierte am Donnerstag denGrünen-Vorsitzenden Reinhard Bütikofer wegen dessen Unterschriftunter den Brief. Er habe dafür «überhaupt kein Verständnis», sagteErler der dpa. «Damit wird auch ein Konflikt in dieRegierungskoalition hineingetragen.» Auch bei der Kabinettssitzung amVortag hatte Bütikofers Beteiligung an dem Brief nachTeilnehmerangaben Unverständnis ausgelöst.

Der Brief geißele die russische Politik mit Übertreibungen und zumTeil falschen Feststellungen, sagte Erler, der auch deutsch-russischer Koordinator ist. Russland stehe immer noch unter demSchock des Geiseldramas von Beslan. Die größte Gefahr derzeit sei,«dass Russland sich einigelt, isoliert und einsame Entscheidungentrifft». Das müsse verhindert werden. Vielmehr müsse ein kritischerDialog mit Putin aufgebaut werden. Eben diese Politik betriebenKanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joschka Fischer(Grüne).

Regierungssprecher Béla Anda sagte, die Bundesregierung habe nichtdie Absicht, ihre Russland-Politik zu ändern. Es bleibe dabei, dasses als wenig hilfreich angesehen werde, in den problematischen Fragendie Öffentlichkeit zu suchen.

Auch Innenminister Otto Schily (SPD) kritisierte nach einemBericht der «Passauer Neuen Presse» (Donnerstag) im KabinettBütikofers Beteiligung an dem Brief. Schily habe nachTeilnehmerangaben Vize-Kanzler Fischer zu einer Stellungnahmeaufgefordert. Fischer habe erwidert, Schily möge den Grünen-Parteivorsitzenden selber dazu befragen.

In dem von US-Politikern initiierten Brief an Regierungen der EU-und NATO-Staaten kritisieren die Unterzeichner autoritäre Tendenzenin Putins Politik. Eine «Diktatur» könne nicht die Antwort auf dieProbleme sein. Westlichen Staatsführern werfen die Unterzeichner vor,Putin zu «umarmen», obwohl immer deutlicher werde, das sich das Landin die falsche Richtung bewege. Den Brief haben auch Politiker vonSPD, CDU, CSU und FDP unterschrieben.

Bütikofer hatte gesagt, es wäre ein «Missverständnis», wenn «diesetransatlantische Initiative zur Diskussion der Entwicklung inRussland über innenpolitische Leisten geschlagen wird». Der Brief seikeine nationale Initiative, sondern solle eine internationale Debattein Gang bringen.