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Russland Russland: Misstrauensvotum gegen Regierung gescheitert

14.03.2001, 17:36

Moskau/dpa. - Die Kreml-treue Mehrheit im russischen Parlament hat einen Misstrauensantrag der Kommunisten gegen die Regierung am Mittwoch erwartungsgemäß ins Leere laufen lassen. Der Antrag auf Ablösung des Kabinetts von Ministerpräsident Michail Kasjanow verfehlte mit nur 127 Ja-Stimmen klar die notwendige Mehrheit bei den nominell 450 Abgeordneten. Die Kreml-Partei Einheit (Jedinstwo), die zeitweise ein taktisches Zusammengehen mit den Kommunisten erwogen hatte, boykottierte mit anderen Fraktionen die Abstimmung. Für die Regierung stimmten nur 76 Deputierte, fünf enthielten sich.

Nach mehrtägigem Schwanken hatte die Jedinstwo-Partei sich erst am Dienstag endgültig darauf festgelegt, den Misstrauensantrag nicht zu unterstützen. Dieses unerwartete Vorgehen hatte die Parteiführung ursprünglich vorgeschlagen, um Neuwahlen zu provozieren und dabei die Linken als stärkste Fraktion abzulösen.

Nach Einschätzung der russischen Presse stand dahinter das Gedankenspiel des Kremls, das hohe Ansehen von Präsident Wladimir Putin bereits jetzt für Parlamentsneuwahlen zu nutzen. Die Strategen befürchteten, dass zum eigentlichen Wahltermin 2003 die Wirtschaftslage schwieriger sein werde und die Unzufriedenheit mit dem Staatschef und der mit ihm verbundenen Partei wachsen werde.

Die Regierung wolle mit der Staatsduma weiterhin «konstruktiv zusammenarbeiten», sagte Ministerpräsident Kasjanow nach der Abstimmung. Putin hatte sich am Dienstag in demonstrativer Gelassenheit in Skiurlaub begeben. Trotz immer wiederkehrender Berichte über eine Ablösung Kasjanows hat Putin an ihm bisher festgehalten. Sein Vorgänger Boris Jelzin hatte dagegen in seiner Amtszeit fünf Ministerpräsidenten entlassen.

KP-Chef Gennadi Sjuganow griff im Plenum die Regierung an. Sie erfülle die Hoffnungen nicht, die in sie gesetzt worden seien, und führe einen «Angriff auf die sozialen Rechte der Bevölkerung». Der Reformpolitiker Boris Nemzow forderte, das Kabinett solle endlich einen genauen Wirtschaftskurs festlegen. Er kritisierte auch den Abstimmungsboykott von Jedinstwo: «Eine Regierungsfraktion hat kein Recht, in dieser Frage keine Meinung zu haben.»

Der Jedinstwo-Abgeordnete Baschir Kodsojew (33) wurde bei einem Attentat im Stadtzentrum von Moskau am Mittwoch durch einen Schuss in die Brust verletzt. Sein Fahrer wurde erschossen. Angaben zum Hintergrund des Attentats gab es zunächst nicht.