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Ruf nach Wahlrechts-Reform vor Bundestagswahl 2009

04.07.2008, 11:24

Berlin/dpa. - Nach dem Karlsruher Wahlrechts-Urteil wird der Ruf nach einer Reform bereits zur Bundestagswahl 2009 laut. Nach Ansicht des früheren Verfassungsrichters Ernst Mahrenholz kann eine vernünftige Neuregelung innerhalb weniger Wochen verabschiedet werden.

Es sei völlig unverständlich, dass der nächste Bundestag erneut «auf verfassungswidrige Weise» gewählt werden solle, kritisierte Mahrenholz am Freitag im Deutschlandfunk.

Auch Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele plädierte dafür, nicht noch einmal «mit einem fehlerhaften Wahlrecht» in die nächste Bundestagswahl zu gehen. Ein rasche Gesetzesänderung mache zwar Mühe, es gebe aber «dringenden Handlungsbedarf», sagte er der «Braunschweiger Zeitung». Der Vertreter der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht, Professor Hans Meyer, sagte dem «Hamburger Abendblatt»: «Ich verstehe nicht, dass man hier dem Gesetzgeber bis spätestens 2011 Zeit lässt.» Die Parteien würden unglaubwürdig, wenn sie nach einem Wahlsystem wählen ließen, das verfassungswidrig sei.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass die gesetzliche Grundlage für Bundestagswahlen bis Mitte 2011 geändert werden muss. Es erklärte eine Klausel im Zusammenhang mit sogenannten Überhangmandaten für verfassungswidrig, die dazu führen kann, dass eine Partei durch Stimmengewinne in der Gesamtbilanz Mandate einbüßt. Nach Ansicht des SPD-Rechtsexperten Klaus Uwe Benneter ist eine Reform zur Wahl 2009 nicht möglich, weil die Nominierung von Kandidaten bereits begonnen habe.

Der Verwaltungsrechtler Herbert von Arnim forderte eine groß angelegte Wahlrechtsreform und mehr Einfluss der Wähler auf die Kandidatenauswahl. «In sogenannten sicheren Wahlkreisen, also den Hochburgen einer Partei, wird dem Wahlvolk ein Kandidat aufgezwungen. Hier sollten Vorwahlen eingeführt werden», sagte er den «Ruhr Nachrichten» (Freitag). Daneben könne den Parteien verboten werden, ihre Direktkandidaten auf Listen abzusichern. Dagegen sprach sich Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) aus. «Wir haben ein vorzügliches Wahlrecht, das fair und gerecht ist durch eine Kombination von Erst- und Zweitstimmen», sagte er der «Passauer Neuen Presse». «Wir sollten uns auf die Änderungen beschränken, die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich verlangt hat.»

www.bundesverfassungsgericht.de