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Ruf nach absolutem Rauchverbot wird lauter

31.07.2008, 11:04

Berlin/dpa. - Der Streit über Ausnahmen vom Rauchverbot in kleinen Kneipen ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder voll aufgeflammt. Immer mehr Politiker fordern ein striktes Rauchverbot in kleinen Gaststätten.

«Es darf keine weitere Lockerung geben», sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Auch die Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), und der Unionsfraktion, Maria Eichhorn (CSU), verlangten ein striktes Verbot. Die nordrhein- westfälische Landesregierung setzt dagegen auf Sonderregelungen für Eckkneipen.

Karlsruhe hatte am Mittwoch in einem Grundsatzurteil das Rauchverbot für kleine Kneipen gekippt. Die Eckkneipen dürfen dem Urteil zufolge nicht gegenüber größeren Gaststätten benachteiligt werden, weil diese einen abgetrennten Raucherraum anbieten können. Die Richter halten auch ein striktes Rauchverbot in allen Lokalen mit dem Grundgesetz für vereinbar. Sie erklärten die Nichtraucherschutz- Gesetze in Berlin und Baden-Württemberg für verfassungswidrig. Beide Länder müssen dies bis Ende 2009 neu regeln. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf fast alle Länder mit ähnlichen Regeln - nicht aber auf das Saarland und Bayern. An der Saar darf in inhabergeführten Ein-Raum-Kneipen geraucht werden, in Bayern gelten nur Ausnahmen für Bier- und Festzelte. Die meisten Länder tolerierten das Urteil umgehend.

«Das Bundesverfassungsgericht hat ... eindeutig betont, dass der Gesundheitsschutz absoluten Vorrang genießt», sagte Bätzing dem WDR. Die CSU-Gesundheitspolitikerin Eichhorn sagte: «Nur mit einem absoluten Rauchverbot kann letztlich das vorrangige Ziel des Gesundheitsschutzes realisiert und gewährleistet werden.» Der Verfassungsrechtler und Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) forderte die Länder in der «Bild»-Zeitung auf, ihre Gesetze zu überarbeiten. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte an, den Wirten kleiner Kneipen die Auswahl zu lassen, ob geraucht werden darf oder nicht.

Zwar gebe es «die Möglichkeit, als Gesetzgeber zu sagen: Generell gibt es kein Rauchen mehr in öffentlichen Gaststätten», sagte Laumann dem WDR. Er betonte aber: «Das ist nicht die Politik, die ich für Nordrhein-Westfalen vorschlage. Das ist auch nicht die Politik der CDU.» Das Rauchen in Ein-Raum-Kneipen werde unter den Bedingungen des Gerichts wieder geduldet. Die CDU-Regierung im Saarland will mit der Gaststättenbranche über Änderungen reden, die das Rauchen in allen Ein-Raum-Kneipen und nicht nur in inhabergeführten zulassen will.

Die Bayerische Landesärztekammer forderte die übrigen Länder auf, das bundesweit strengste Gesetz in Bayern zum Vorbild zu nehmen. Vizepräsident Max Kaplan verlangte von der CSU-Landesregierung, das Problem der umstrittenen Raucherclubs zu lösen. In der CDU/SPD- Koalition in Sachsen-Anhalt brach Streit aus: Sozialministerin Gerlinde Kuppe (SPD) und die SPD-Landtagsfraktion forderten ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie, die CDU sprach sich dagegen aus.

Vom Rauchverbot sind zunächst Trinkkneipen mit weniger als 75 Quadratmetern, nur einem Raum und ohne Speisenangebot ausgenommen, wenn Jugendliche keinen Zutritt haben und es eine Kennzeichnung als Raucherkneipe gibt.