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Rheinmetall Rheinmetall: Tochterunternehmen sollen Waffen an Kriegsparteien verkaufen

Von Steven Geyer 28.10.2016, 15:22
Vizekanzler Sigmar Gabriel (l.) und das ehemalige Rheinmetall-Vorstandsmitglied Gert Winkler (r.)
Vizekanzler Sigmar Gabriel (l.) und das ehemalige Rheinmetall-Vorstandsmitglied Gert Winkler (r.) dpa

Berlin - Pünktlich zur Vorlage der frischen Quartalsbilanz des größten deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall am kommenden Montag (31.10.) prangern Menschenrechtler und Investigativmedien die Exportpraxis des Düsseldorfer Unternehmens an: Laut verschiedenen Quellen verkaufen ausländische Tochterfirmen des deutschen Konzerns Munition und Waffen an Kriegsparteien, die ihre Waffen in akuten Krisenregionen einsetzen – derzeit zum Beispiel an die saudi-arabische Militärallianz, der Kriegsverbrechen im Jemen vorgeworfen werden. Auch die Opposition im Bundestag sieht Handlungsbedarf.

So hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den Abwurf von 500-Kilo-Bomben aus der MK-Serie durch saudische Kampfflugzeuge dokumentiert, etwa im Mai 2015. Ein Code auf der Bombenhülle verweist demnach auf RWM Italia als Hersteller hin: eine Tochterfirma von Rheinmetall. Auch die US-Enthüllungsplattform reported.ly berichtet von Fällen, in denen Rheinmetall auf diese Weise ganz legal deutsche Rüstungskontrollregeln umgehen konnte.

Tatsächlich müssen deutsche Behörden zwar jeden Waffenexport aus der Bundesrepublik genehmigen. Nicht zuständig sind sie freilich für Ausfuhren aus Italien, selbst wenn der Besitzer der italienischen Rüstungsproduktion in Deutschland sitzt.

Die Opposition im deutschen Bundestag sieht da eine Gesetzeslücke: „Wenn ein deutsches Schiff italienische Waffen nach Saudi-Arabien transportieren will, braucht es eine Transportgenehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz“, sagte der Linken-Verteidigungsexperte Jan van Aken dieser Zeitung. „Ich finde, die Rechtslage sollte so geändert werden, dass das auch für die Eignerschaft der Produktion gilt.“

Das sei umso dringlicher, weil der Konzern seine Geschäfte seit Jahren international ausweitet. Für dieses Jahr rechnet der Konzern mit einem Umsatz von 5,5 Milliarden Euro, drei Viertel davon im Auslandsgeschäft.

Zudem hält er die Annahme, dass eine deutsche Firma in Italien keinerlei deutsche Technologie, Know-how oder gar Einzelteile nutzt, für überprüfungswürdig. „Das Bundesausfuhramt sollte das zumindest einmal grundlegend prüfen“, so van Aken. Sobald eine Konstruktionszeichnung von Deutschland nach Italien gehe, könne das genehmigungspflichtig sein – erst recht, wenn es um einen Zünder aus deutscher Produktion geht.

Auch die Grünen sehen Regelungsbedarf: „Es braucht endlich ein gemeinsames strenges Rüstungsexportregime in Europa, da die Rüstungsunternehmen für den schnellen Gewinn auch skrupellos an brutale Kriegsparteien liefern“, sagte ihre sicherheitspolitische Sprecherin Agnieszka Brugger dieser Zeitung. „Sie nutzen dabei offensichtlich jede Lücke aus, die sich ihnen bietet.“

Seit dem vorigen Frühjahr fliegt die saudische Luftwaffe Angriffe auf Ziele im Jemen, um die teils vor Rebellen geflohene Regierung zu unterstützen. Die humanitäre Lage ist verheerend.

[Bereits als saudische Spezialeinheiten Ende 2014 Blend- und Irritationsgranaten Aufstände von Oppositionellen niederschlugen, sollen sie Munition von Rheinmetall-Töchtern verwendet haben. Wie die „Zeit“ unter Berufung auf die Linksfraktion im Bundestag und die Grünen im österreichischen Parlament berichtet, setzten sie dabei Granaten ein, die in der bei Hamburg und in Österreich herstellt wurden: von Rheinmetall-Töchtern.]

Der Konzern selbst wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern.