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Reparatur kostet Milliarden Reparatur kostet Milliarden: Betonkrebs nagt heftig an Ost-Autobahnen

Von Bernhard Honnigfort 27.06.2014, 06:46

Berlin - Wer mit dem Auto in Ostdeutschland unterwegs ist, kennt die Bilder: Staus auf der A9 bei Dessau und Naumburg, Stau auf der A14 bei Peißen. Es geht nicht voran, weil Bautrupps große Rechtecke aus den Autobahnen herausfräsen, die nach der Wiedervereinigung teuer hergerichtet wurden. Nun sind sie schon wieder kaputt. Der Grund für das Ärgernis heißt „Betonkrebs“.

Mit acht bis zehn Jahren Reparaturzeit rechnet man laut MDR allein im Landesamt für Straßenbau von Sachsen-Anhalt, wo laut Expertenschätzungen etwa 220 Kilometer Autobahn von dem Schaden mit dem seltsamen Namen betroffen sind - so viel wie in keinem anderen Bundesland.

Straßenbeläge sollten 30 Jahre halten

Insgesamt ist es noch mehr: Auf etwa 350 Kilometern Autobahn, so vermuten Experten, dürfte mit Betonkrebs zu rechnen sein. Eigentlich sollten die neuen Straßenbeläge 30 Jahre halten, tun sie aber nicht. Im Beton laufen chemische Reaktionen ab, Kieselsäuren zersetzen Stoffe im Zement, Risse entstehen, Wasser sickert ein, Frost sprengt die Schadstellen weiter auf.

Wissenschaftler der Universität Magdeburg-Stendal fanden nun heraus: Schuld an der Betonkrebs genannten Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) sei der Kies aus Mitteldeutschland. Er sei schlicht anfälliger gegen die AKR als Kies aus anderen Gegenden, was mit der letzten Eiszeit zu tun habe. Die Baufirmen sind für solche Schäden nicht haftbar zu machen. Ihre Gewährleistungspflicht endet nach fünf Jahren.

Laster-Verkehr verstärkt Zerstörungen

Die Zerstörungen verstärkt der enorme Druck auf den Straßenbelag durch den zunehmenden Laster-Verkehr. Ein 40-Tonner mache soviel Schaden wie 50000 Personenwagen, so das Landesamt für Straßenbau Sachsen-Anhalt. Auf der A2, Deutschlands wichtigster Ost-West-Verbindung, fahren täglich rund 15000 Laster von jeweils 40 Tonnen Gewicht. Der Druck sei vergleichbar hoch, als würde hier täglich sechs Mal der US-Flugzeugträger „Nimitz" zwischen Berlin und Oberhausen hin und hergekarrt.

Die Reparatur der Schäden durch Betonkrebs wird etliche Milliarden Euro kosten. Sachsen-Anhalts ehemaliger Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre, der die Kommission zur Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in Deutschland leitete, kommt bundesweit auf Kosten von rund sieben Milliarden Euro. Aber nicht nur für Schäden an Autobahnen, sondern auch für Reparaturen an allen Straßen, Brücken und Schienenwegen. Er rechnet mit 15 Jahren Dauer. Daehre geht davon aus, dass der Erhalt der Verkehrswege aus Steuermitteln gar nicht mehr bezahlbar sei. Die Mineralölsteuer sollte in größerem Umfang für die Finanzierung herangezogen werden und eine PKW-Maut sei wohl nicht mehr aufzuhalten.

Der ADAC kritisiert, man hätte früher auf Schäden durch Betonkrebs reagieren müssen. „Wir denken schon, dass das hätte vermieden werden können“, so ADAC-Expertin Wiebke Dammann. Schon vor 20 Jahren hätten Fachleute davor gewarnt. Man hätte die Baustoffe besser und gründlicher untersuchen müssen.