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Rentenreform Rentenreform: Schlupfloch ermöglicht Rente mit 63

Von Karl Doemens 27.06.2014, 05:41

Berlin - Die vom Bundestag beschlossene Stichtagsregelung für die Anrechnung von Arbeitslosenzeiten bei der Rente mit 63 läuft ins Leere. Zwar werden laut Gesetz die letzten beiden Jahre vor Beginn des Ruhestands nicht berücksichtigt. Nach Angaben des Sozialministeriums entfällt diese Sperrzeit jedoch, wenn die Betroffenen für wenige Stunden in der Woche einen Minijob übernehmen. „Die Stichtagsregelung entpuppt sich als Papiertiger“, sagte Grünen-Rentenexperte Markus Kurth dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Durch das nun entdeckte Schlupfloch könnte die Zahl der Frühverrentungen deutlich höher ausfallen als von der Bundesregierung vorausgesagt. Um zu verhindern, dass es sich für Beschäftigte lohnt, schon mit 61 Jahren den Arbeitsplatz zu räumen, hatte sich die große Koalition auf die Sperrzeit geeinigt. Voraussetzung für die Rente mit 63 sind 45 Beitragsjahre. Zeiten der Arbeitslosigkeit zählen ab dem 61. Lebensjahr aber nicht mehr – es sei denn , die Arbeitnehmer üben in dieser Zeit einen versicherungspflichtigen Minijob aus. Diese Ausnahme räumte das Sozialministerium nun auf Anfrage der Grünen ein.

Praktisch könnte also ein Arbeitnehmer mit 61 aus dem Job ausscheiden, zwei Jahre Arbeitslosengeld beziehen, in dieser Zeit wöchentlich vier Stunden als Verkäufer oder Fahrer arbeiten und so den Anspruch auf die Rente mit 63 erwerben. Dass dies keine theoretische Überlegung ist, zeigt ein internes Info-Blatt des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Dort wird der Minijob ab 61 ausdrücklich empfohlen, um die Beitragszeit zu erreichen: „Das in einer solch geringfügigen Beschäftigung erzielte Entgelt muss gar nicht hoch sein.“ Entscheidend sei nur, dass der Rentenbeitrag gezahlt werde.

Gleichwohl sieht Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) keinen Grund für Nachbesserungen: Dass dieses Schlupfloch „tatsächlich in nennenswertem Umfang angewendet wird, erscheint wenig wahrscheinlich“, argumentieren ihre Beamten. Das sieht Grünen-Experte Kurth anders: „Es dürfte klar sein, dass ältere Arbeitslose, die die Voraussetzungen erfüllen, auf dem rechtlich einwandfreien Schleichweg die Stichtagsregelung umfahren werden.“