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Rente Rente: Kampf der Generationen

Von Markus Decker 08.04.2008, 19:52

Berlin/MZ. - Der Vizevorsitzende der Senioren-Union hat vorige Woche erklärt, der 27-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn sei "nicht reif" für ein Mandat. Spahn hatte gegen die geplante Rentenerhöhung gewettert und sie als "Wahlgeschenk" gebrandmarkt. Auch deshalb will Kuckart dafür werben, dass der gelernte Bankkaufmann bei der Bundestagswahl 2009 nicht erneut aufgestellt wird. Geschieht dies doch, möchte er die älteren Wähler im Münsterland-Wahlkreis Steinfurt / Borken auffordern, Spahn nicht zu wählen. Der Generationenkonflikt hat jetzt zwei Gesichter: das von Kuckart und das von Spahn.

Spahn zog 2002 in den Bundestag ein. 22 war er damals. Der Mann ist ein bisschen zu selbstgefällig für sein Alter. Standfest ist Spahn freilich auch. Andere aus der jungen Unionsriege sind zuletzt immer stiller geworden, als sie sahen, dass die Große Koalition mit der Generationengerechtigkeit nicht viel am Hut und die Kanzlerin kein Problem damit hat, ihre Überzeugungen über Bord zu werfen: in der Gesundheits- oder der Pflegereform. Nicht so Spahn.

Als bekannt wurde, dass Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und Merkel zu Lasten der Jungen die Renten erhöhen wollen, bot der Fernstudent sich mehreren Zeitungen als Interviewpartner an. Weil alle anderen den Mund hielten, trat seine Kritik umso klarer hervor. Er sagte: "Wir haben Gerhard Schröder immer vorgeworfen, dass er an der Rentenformel rumdreht. Das ist jetzt Willkür in die andere Richtung. Den Rentnern von heute mag es helfen. Aber die junge Generation kostet das eine Menge Geld." Und den Alten werde die Anhebung sowieso nicht reichen. Daraufhin wurde er unter einer Wutwelle fast begraben. Man nannte Spahn wahlweise "Rotzlöffel" oder "Dummschwätzer". Merkel schwieg. Die Fraktionsspitze auch.

Bis Kuckart kam, der nun in einem Eiscafé des Berliner Hauptbahnhofes sitzt und in aller Seelenruhe seinen Milchkaffee umrührt. Dass Spahn derart beleidigt wird, sei natürlich "unmöglich". Dennoch müsse man das verstehen. Es handele sich um angestauten Frust. Die Alten hätten viele Einbußen hinnehmen müssen - nicht nur bei der Rente. Und Spahn habe sich immer wieder gegen die Ansprüche der Rentner gewandt. Kuckart macht kein Hehl daraus, dass er an dem Nachwuchs-Politiker ein kleines Exempel statuieren will. "Bis Dienstag haben die Senioren in den Parteien keine Rolle gespielt", stellt er fest. "Die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus und die Senioren-Union hatten eine Alibifunktion. Ich hoffe, dass sich das ändert."

In Berlin sorgt eine solche Haltung für Angst und Schrecken - zumal man so einen wie Kuckart nicht kontrollieren kann. Er ist materiell unabhängig, hat kein Mandat und strebt mit seinen 76 Jahren auch keines mehr an. Bei Spahn ist das anders. Einen 27-jährigen Berufspolitiker kann man spüren lassen, wie allein er ist - indem man darauf verzichtet, ihn zu verteidigen. Genauso haben sie es gemacht in der CDU. Kuckarts Auftritt war für Merkel und die Ihren ideal. Nun können sie jene Balance wieder herstellen, die für einen Moment verloren zu gehen schien. Die Alten bekommen die Rentenerhöhung. Und Spahn seine Solidarisierung.

Kuckart weiß, dass kommende Rentnergenerationen es schwerer haben werden als die gegenwärtige. Aber jetzt steht der Kampf für seine Altersgenossen auf der Tagesordnung. In 20 Jahren, sagt er, "guck ich mir die Graswurzeln von unten an".