Rente Rente: Bund nimmt Selbstständige in die Pflicht
Berlin/MZ. - Die Bundesregierung plant eine verpflichtende Altersvorsorge für Selbstständige und Freiberufler - ein Vorhaben, das weder im Koalitionsvertrag vereinbart wurde noch zu den Kernanliegen einer bürgerlichen Regierung zu zählen ist. Immerhin stellt der Schritt einen eklatanten staatlichen Eingriff in das freie Unternehmertum dar. SPD-Rentenexpertin Anette Kramme vermutet daher, es handele sich um heiße Luft. "Ich habe starke Zweifel, dass die FDP da mitmacht", so Kramme im Gespräch mit der MZ.
Demgegenüber klingt FDP-Bundestagsfraktionsvize Heinrich Leonhard Kolb entschlossen: "Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, die Selbstständige zu einer ausreichenden Altersvorsorge verpflichtet." Die habe die FDP im Übrigen bereits 2008, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit, beschlossen. Eine "ausreichende" Vorsorge müsse die Unabhängigkeit von der Grundsicherung im Alter gewährleisten und möglichst auch das Armutsrisiko ausschließen, sagte der FPD-Politiker.
Ob und wann es zu einer Einigung mit der Union kommen könnte, ist laut Kolb allerdings nicht absehbar. Während man mit der CSU weitgehend einig sei, habe sich die CDU in der Frage "ziemlich verrannt".
Derzeit beträgt die Grundsicherung durchschnittlich rund 760 Euro monatlich, die Armutsgrenze für Alleinstehende liegt bei 823 Euro. Nach dem letzten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zählen Freiberufler und andere Selbstständige zu den Bevölkerungsgruppen, die künftig am stärksten von Altersarmut bedroht sein werden. Betroffen sind insbesondere viele Solo- oder Schein-Selbstständige, die oftmals kaum genug für den Lebensunterhalt verdienen.
Kolb bezeichnete diese Formen der Erwerbstätigkeit als "eigentlich nicht zumutbar, da dürfen wir uns nicht in die Tasche lügen". Der FDP-Politiker plädierte für einen Freibetrag der privaten Altersvorsorge von mindestens 100 Euro monatlich, der sowohl Selbstständigen als auch abhängig Beschäftigten unabhängig von möglichen Grundsicherungszahlungen bleiben müsse.