Religion Religion: Paul Spiegel ist gestorben

Berlin/Düsseldorf/dpa. - Politiker aller im Bundestag vertretenenParteien und Vertreter der christlichen Kirchen reagierten mit tieferTrauer und Erschütterung auf den Tod Spiegels. Sie würdigten seinenKampf gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und für Zivilcourage.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: «Der verstorbene Präsidentdes Zentralrats der Juden war eine beeindruckende Persönlichkeit.»Spiegel habe sich «mit großer Leidenschaft und all seiner Kraft füreine gute Zukunft der jüdischen Gemeinschaft in Deutschlandeingesetzt». Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche inDeutschland, Bischof Wolfgang Huber, nannte Spiegel einen wichtigenGesprächspartner im Engagement für eine freiheitliche Gesellschaft.
Der oberste Repräsentant von mehr als 100 000 Juden befand sichseit mehreren Wochen nach Herzproblemen und wegen einerKrebserkrankung im Krankenhaus. Mitte April hatte der Zentralratmitgeteilt, es gehe Spiegel wieder besser. Er sei nach längerem Komawieder zu Bewusstsein gekommen. Durch neue Infektionen hatte sich derGesundheitszustand Spiegels laut Zentralrat aber in der vergangenenWoche wieder verschlechtert. Er sei am frühen Sonntagmorgen um 04.30Uhr gestorben, teilte der Zentralrat mit. Der DüsseldorferUnternehmer hinterlässt eine Frau und zwei Töchter.
Die Beerdigung soll nach jüdischem Brauch so schnell wie möglichin Düsseldorf stattfinden, voraussichtlicher Termin ist Mittwoch.Nach Angaben der dortigen Jüdischen Gemeinde wird der Verstorbenevermutlich am Sonntag in Berlin mit einem Trauerakt gewürdigt.
Zu den herausragenden Leistungen Spiegels gehörte unter anderemder Staatsvertrag, den die Bundesregierung und der Zentralrat derJuden in Deutschland im Jahr 2003 unterzeichneten. Damit wurden dieBeziehungen erstmals auf eine rechtliche Grundlage gestellt.
Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, bezeichneteden Tod von Spiegel als einen «schwerwiegenden und kaum zubeschreibenden Verlust» für Juden und Nicht-Juden in Deutschland.«Wir verlieren einen bedeutenden Juden und Europäer. Paul Spiegelwar ein großer Brückenbauer», sagte Kramer. Merkel sagte: «PaulSpiegel hat sich konsequent zu den Grundfesten der Demokratiebekannt. Er mahnte, wo viele stumm blieben. Sein Einsatz fürZivilcourage, für Toleranz und gegenseitigen Respekt und gegenFremdenfeindlichkeit und Antisemitismus hat Maßstäbe gesetzt.»
Der designierte SPD-Vorsitzende Kurt Beck erklärte, Spiegel habesich in Deutschland «große moralische Autorität erworben.» Im Kampfgegen Antisemitismus und Rechtsextremismus habe er niemalsresigniert und trotz deprimierender Rückschläge gerne inDeutschland gelebt. CSU-Chef Edmund Stoiber nannte Spiegel einen«Mann des Ausgleichs und des Dialogs». FDP-Generalsekretär DirkNiebel hob Spiegels «unermüdlichen Einsatz für Toleranz, Respektund Zivilcourage» hervor. Die Grünen würdigten Spiegel als «großenDemokraten», nach den Worten von Linksparteichef Lothar Bisky tratSpiegel konsequent gegen Antisemitismus ein.
Spiegel wurde am 31. Dezember 1937 im westfälischen Warendorfgeboren. Die Verfolgung durch die Nazis überlebte er als Kind im vondeutschen Truppen besetzten Belgien. Er wurde später Redakteur undgründete eine Künstleragentur.