Regierungsgespräche Regierungsgespräche: Putin kündigt Rückzahlung von Milliardenschulden an

Hamburg/dpa. - Besondere Bedeutung maß Putin dem 60. Jahrestag des Endes desZweiten Weltkrieges im kommenden Mai zu: «Das soll eine Veranstaltungder europäischen Versöhnung sein.» Schröder betrachtet die Einladungzu der Feier in Moskau als «Auszeichnung und Ehre» und unterstrichdie gemeinsame Verantwortung Deutschlands und Russlands für denFrieden. «Wir wollen nicht bei der Erinnerung stehen bleiben.» NachSchröders Worten haben die deutsch-russischen Beziehungen eine Tiefewie noch nie zuvor in der Geschichte erreicht.
Überraschend kooperativ zeigte sich Putin bei der Lösung desTschetschenien-Konflikts. In fließendem Deutsch äußerte er sich zwarzunächst ironisch über Demonstranten in der Nähe von Gottorf. «Wirhaben seit drei Jahren keinen Krieg mehr in Tschetschenien. Siekönnen nach Hause gehen.» Zugleich räumte Putin aber viele Problemeim Kaukasus ein. «Wir sind gern bereit, mit unseren Partnern inDeutschland und Europa zusammenzuarbeiten.» Bisher hatte Putin jedeinternationale Hilfe zur Lösung des Konflikts abgelehnt.
Schröder sagte, die Bundesregierung habe mit Moskau einenKaukasus-Dialog vereinbart. Dies sei ein «Aspekt zur politischenLösung». Daneben wolle Deutschland auch bei der sozialen undwirtschaftlichen Entwicklung der Kaukasus-Region hilfreich sein.
Moskau will nach den Worten Schröders die Auslandsschulden anDeutschland in Höhe von insgesamt 21 Milliarden Euro vom kommendenJahr an tilgen, erwartet dafür aber eine Stornierung der Zinsen undeinen Teilschuldenerlass. Einzelheiten dazu müssten von Experten imPariser Club der Gläubigerstaaten festgelegt werden, sagte Putin.«Russland ist bereit, diese Frage zu lösen.» Moskau befinde sich dankder hohen Öleinnahmen im wirtschaftlichen Aufschwung. Russland wirdHauptpartnerland bei der nächsten Hannover-Messe.
Moskau unterstützt laut Putin den deutschen Wunsch nach einemständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Die Neuordnung des UN-Gremiumsmüsse jedoch einvernehmlich mit allen bisherigen ständigenMitgliedern gelöst werden.
Mit Blick auf die Wahl in der Ukraine zeigten sich Schröder undPutin einig, dass der Ausgang von allen Seiten akzeptiert werdenmüsse. Schröder: «Niemand hat das Recht, sich einzumischen.» AuchPutin lenkte ein: «Staatschefs kommen und gehen, aber das ukrainischeVolk bleibt.» Erstmals äußerte Putin sich positiv über denOppositionskandidaten Viktor Juschtschenko, mit dem er zu dessenAmtszeit als Regierungschef «nicht schlecht zusammengearbeitet» habe.Putin hatte sich bei der manipulierten Wahl massiv für denderzeitigen Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch stark gemacht.
Putin informierte Schröder auch über die umstritteneZwangsversteigerung der Hauptfördergesellschaft Juganskneftegas desangeschlagenen Ölkonzerns Yukos. «Die Auktion hat in völligerÜbereinstimmung mit dem geltenden russischen Recht stattgefunden.»
Am Rande der Konsultationen unterzeichneten Deutschland undRussland Abkommen, unter anderem zum Jugendaustausch und zurZusammenarbeit im Reise- und Güterverkehr. Der Siemens-Konzern unddie russische Eisenbahn wollen bis 2007 einen Hochgeschwindigkeitszugfür Russland entwickeln.
Nach Abschluss der Regierungsgespräche besuchte Putin die FamilieSchröder am Abend in deren Privathaus in Hannover. Dabei überraschteder Gast Schröders Frau Doris mit einem Geschenk, handbemaltenWeihnachtskugeln aus Moskau. Putin wünschte «allen deutschen Familienein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr».