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Reform der Sozialsysteme Reform der Sozialsysteme: Kein Grund, sich zurückzulehnen

29.12.2006, 10:51

Hamburg/Berlin/dpa. - Bundespräsident Horst Köhler hat die große Koalition eindringlich davor gewarnt, bei ihren Reformbemühungen nachzulassen. «Die notwendige grundlegende Erneuerung Deutschlands haben wir noch nicht geschafft. Da stehen wir erst am Anfang», sagteKöhler dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». SPD-Chef Kurt Beck hattejüngst ein Ende des harten Reformkurses in Aussicht gestellt, sobalddie bereits auf den Weg gebrachten Reformen zu Ende geführt seien.Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dies aber zurückgewiesen.

Köhler sagte, zwar habe sich die Wettbewerbsfähigkeit derdeutschen Wirtschaft deutlich verbessert. «Das ist aber kein Grund,sich schon wieder zurückzulehnen», mahnte das Staatsoberhaupt: «Wirschaffen kein Vertrauen, wenn wir zwei Schritte vor und anschließendwieder einen oder zwei zurück machen.»

Beck erhielt auch Widerspruch aus eigenen Reihen. BrandenburgsFinanzminister Rainer Speer (SPD) sagte im Deutschlandradio Kultur:«Ich verstehe den Kollegen Beck an der Stelle, der sagt, irgendwomuss man auch eine Zumutbarkeitsgrenze spüren und definieren.» Wennman sich aber die Entwicklung anschaue, dann wisse man, dass dieSozialsysteme mit den eingeleiteten Reformen auf Dauer nicht sicherseien. Die Reformpolitik gehe weiter.

FDP-Chef Guido Westerwelle warf Beck Reformmüdigkeit vor. «Wer imAngesicht der Konkurrenz aus China, Indien, Russland, Ost- undSüdeuropa, Nord- und Südamerika dazu aufruft, jetzt erst einmalauszuruhen und die Hände in den Schoß zu legen, der empfiehltDeutschland eine Kamikaze-Strategie», sagte Westerwelle der «Bild»-Zeitung.

Der ehemalige SPD-Vorsitzende und jetzige Linksfraktionschef imBundestag, Oskar Lafontaine, schenkt der Beck-Ankündigung, den hartenReformkurs zu beenden, keinen Glauben. Lafontaine sagte dem«Tagesspiegel» (Samstag): «Beck ist dort unglaubwürdig. Er müsstezeigen, dass er tatsächlich eine andere politische Richtungeinschlagen will.» Der SPD-Vorsitzende habe nur «wolkige Worte»gemacht, bleibe in Wahrheit aber «auf dem Irrweg derSozialkürzungen».

Rettet die große Koalition den deutschen Sozialstaat? «Wir schaffen kein Vertrauen, wenn wir zwei Schritte vor und anschließend wieder einen oder zwei zurück machen», sagt Horst Köhler. (Archivfoto: dpa)
Rettet die große Koalition den deutschen Sozialstaat? «Wir schaffen kein Vertrauen, wenn wir zwei Schritte vor und anschließend wieder einen oder zwei zurück machen», sagt Horst Köhler. (Archivfoto: dpa)
dpa