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Reform der Gesundheitsreform Reform der Gesundheitsreform: Schmidt droht Ärzten und Krankenkassen

Von Peter Kosfeld 18.01.2004, 18:49
Angesichts der Pannen bei der Einführung derGesundheitsreform erhöht Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt(SPD) den Druck auf die Ärzte und Kassen. (Foto: dpa)
Angesichts der Pannen bei der Einführung derGesundheitsreform erhöht Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt(SPD) den Druck auf die Ärzte und Kassen. (Foto: dpa) dpa

Berlin/ddp. - Angesichts der Pannen bei der Einführung der Gesundheitsreform erhöht Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) den Druck auf die Ärzte und Kassen. Schmidt forderte von den Kassenärztlichen Vereinigungen ultimativ, die Gesundheitsreform umzusetzen und innerhalb einer Woche noch offene Fragen zu klären. Ansonsten müsse die Selbstverwaltung in Frage gestellt werden, drohte Schmidt.

Der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Leonhard Hansen, wies die Vorwürfe zurück und gab dem Ministerium die Schuld an den Problemen. Union und FDP warfen der Ministerin vor, von Versäumnissen ablenken zu wollen.

Schmidt warnte, wenn es den Ärztefunktionären und Kassen nicht gelinge, für bessere Qualität und mehr Wirtschaftlichkeit zu sorgen, verliere die Selbstverwaltung ihre Existenzberechtigung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen wären dann «überflüssig». Schmidt gibt den Medizinern die Hauptschuld an den Pannen. Sie hätten seit Oktober 2003 Zeit gehabt, offene Fragen rechtzeitig zu klären. Viele Ärzte hätten aber «lieber lamentiert».

Unterstützung kam von Regierungsberater Karl Lauterbach. Der Bundesausschuss von Kassen und Ärzten habe fast ein halbes Jahr Zeit gehabt, um eine Liste mit chronischen Krankheiten vorzulegen und dann nur «unbrauchbares Material hervorgebracht». Schmidt könne man «keinen Fehler vorwerfen». Sie könne den gemeinsamen Gremien von Ärzten und Krankenkassen nicht vorgreifen.

Hansen betonte hingegen, dass die Selbstverwaltung die Detailfragen «bisher gut gemeistert hat oder gemeistert hätte, wenn die Politik die Diskussion um die Ausnahmen nicht ständig weiter eskalieren und befeuern würde». Das verunsichere die Menschen und lasse «diese chaotischen Diskussionen und Irritationen aufkommen».

Union und FDP machten Schmidt als Verantwortliche für die Probleme aus. CDU-Sozialexperte Andreas Storm kritisierte, die erst jetzt eingeleiteten Korrekturen hätten schon Ende Dezember 2003 kommen müssen. FDP-Gesundheitsexperte Detlef Parr kritisierte, Schmidt wolle von eigenen Fehlern ablenken.

FDP-Chef Guido Westerwelle beklagte, die Praxisgebühr sorge für «Riesenverwirrung». Er sprach sich dafür aus, die Abgabe abzuschaffen und die gesetzlichen Krankenkassen vollständig in private Gesundheitsversicherungen zu überführen. Finanzexperte Bernd Raffelhüschen, Mitglied der Rürup-Kommission, bezeichnete die Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal als »völligen Unsinn«. Sie bedeute einen Selbstbehalt von 40 Euro pro Patient und Jahr. Einen Selbstbehalt von 500 Euro wie in der Schweiz müsse es mindestens in Deutschland geben.

Unterdessen werden die Zweifel an den erwarteten Beitragssenkungen der Krankenkassen stärker. Laut «Focus» haben im Vergleich zum Januar 2003 von allen 278 deutschen Krankenkassen nur zwölf Kassen ihre Sätze gesenkt. Acht weitere Kassen wollten ab April oder später nachziehen. Dagegen verlangten 103 Krankenkassen derzeit höhere Beiträge als vor einem Jahr.

Experte Raffelhüschen sagte, es werde «immer klarer», dass die Beiträge in diesem Jahr weiter steigen werden. Er rechne damit, dass die Beiträge Ende des Jahres im Durchschnitt bei mindestens 15 Prozent liegen werden.

Die Ministerin hielt dem entgegen, die Beiträge würden sinken. Die zum Jahresanfang in Kraft getretenen Beitragssenkungen der gesetzlichen Krankenkassen beträfen elf Millionen der 70 Millionen Leistungsempfänger, weitere zwölf Millionen kämen im April hinzu.

So entstehen die Apothekenpreise (Grafik: dpa)
So entstehen die Apothekenpreise (Grafik: dpa)
dpa