Rechter Terror in Dresden und Freital Rechter Terror in Dresden und Freital: Wie sich Fremdenhass in Sachsen ungebremst zuspitzt
Dresden - In der Nacht zu Montag ist in Freital bei Dresden ein Auto explodiert. Ein lauter Knall, dann eine mächtige Rauchsäule. Verletzt wurde niemand. Der Wagen, ein 14 Jahre alter Golf, gehört dem Linke-Politiker Michael Richter. Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts eines Bombenanschlages. Richter ist Stadtrat in Freital, er engagiert sich seit Jahren für Flüchtlinge. Er hat schon mehrfach Morddrohungen erhalten.
„Aber dass es soweit kommen würde, damit hätte ich nicht gerechnet", sagte er am Montagnachmittag. Er stehe auf der Abschussliste der Fremdenhasser ganz oben, das wisse er schon lange. Auf Facebook sei er häufig mit dem Tode bedroht worden. Aber so etwas, das sei neu. Richter geht wegen der Erfahrungen, die er bislang in Freital gemacht habe, von einem Anschlag von Rechtsextremisten aus. „Die Rechten wollen, dass wir Angst haben. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern.“
Aus Gebrüll wird Gewalt
Anschläge aller Art häufen sich, aus Gebrüll wird immer häufiger Gewalt. „Der unverblümte und offene Hass ist zurück auf der Straße und kennt offenbar keine Hemmschwelle mehr“, kommentiert Antje Ferks, die Landesgeschäftsführerin der sächsischen Linken, was sich gerade in Freital und Dresden abspielt.
Es sieht ganz so aus, als würde sich der Hass auf Fremde in Sachsen weiter zuspitzen. Am Wochenende hatte es in Dresden nicht nur gewalttätige Ausschreitungen von NPD-Anhängern gegen eine neue Zeltstadt für Flüchtlinge im Norden der sächsischen Landeshauptstadt gegeben, bei denen drei Menschen verletzt wurden. Es gab zwei weitere Anschläge gegen ein neues Asylbewerberheim im ehemaligen Hotel „Lindenhof“: Am Samstag war während eines Tags der offenen Tür für Anwohner vermutlich Buttersäure ausgeschüttet worden. Am Sonntag warfen Unbekannte dort sechs Fenster ein.
Polizisten bewachen neues Camp
Das neue Camp für 1100 Flüchtlinge in Dresden, das ab Donnerstag vom THW und von Helfern des Roten Kreuzes auf einer Brache aus dem Boden gestampft worden war, wird nach den Ausschreitungen und Pöbeleien rund um die Uhr von zahlreichen Polizisten bewacht. Derzeit leben etwa achthundert Flüchtlinge aus 15 Ländern in dem Zeltlager.
Mitte August soll es wieder abgebaut werden, dann soll es ein zusätzliches Heim in Leipzig geben. Die meisten der Flüchtlinge stammen aus dem Bürgerkriegsland Syrien, dem Irak und Afghanistan. „Wir sind dort ständig präsent“, teilt ein Dresdner Polizeisprecher mit. Auch das Gelände um das Camp herum wird von Polizeistreifen beobachtet.
Landesregierung ist schockiert
Die sächsische CDU/SPD-Landesregierung ist schockiert über das ungebremst wachsende Ausmaß an Gewalt und Hass. Als am Donnerstag die Bauarbeiten für dass Zeltlager begonnen hatten, waren auch THW-Helfer und Mitarbeiter des Roten Kreuzes angegriffen, bedroht und als „Verräter“ und „Schweine“ angepöbelt worden. „So etwas haben wir noch nirgendwo auf der Welt erlebt“, sagte ein DRK-Mitarbeiter.
Was passiere, sei „beschämend“ , meinte Fritz Jaeckel, der Chef der Dresdner Staatskanzlei. Sein Kollege Michael Wilhelm, Staatsekretär im Innenministerium, war am Wochenende mehrfach im Zeltlager. Er erklärte den wütenden Mob empört zu Dummköpfen, drückte es nur etwas feiner aus: „Wer gegen so ein Auffanglager protestiert, der ist schlicht und einfach intellektuell überfordert.“
Bachmann redet daher, wie es ihm gerade passt.
Der Angriff und die Pöbeleien der rund 200 NPD-Leute waren das erste sichtbare Lebenszeichen der Neonazipartei, die im Herbst 2014 nach zehn Jahren aus dem Dresdner Landtag herausgewählt worden war. Offensichtlich wollen sich die Rechtsextremisten zurückmelden. Es sieht außerdem ganz danach aus, als gingen die NPD und die Dresdner Pegida-Bewegung arbeitsteilig vor: Die einen machen sich den Mund, die anderen die Hände schmutzig.
Pegida-Chef Lutz Bachmann, ein mehrfach vorbestrafter Drogenhändler und Einbrecher, warnte seine Leute zwar davor, bei den NPD-Krawallen mitzumischen. Aber das muss nichts bedeuten. Bachmann redet daher, wie es ihm gerade passt. Nun gibt er den Saubermann und Vertreter der anständigen und angeblich besorgten Bürger. Und die NPD ist für Krawall, fliegende Steine, Böller und Flaschen zuständig.
„Sachsen hat ein Problem mit rechtem Terror“
Aber beide Gruppen überschneiden sich unübersehbar. Bachmann und Pegida sorgen per Facebook für ein bislang ungekanntes Maß an Hass und Hetze. Für sie gibt es keine Flüchtlinge, sondern nur „Drogendealer“, „Glücksritter“ und Vergewaltiger“.
Am Freitag, als erste Flüchtlinge ins neue Dresdner Camp kamen, schrieb Bachmann: „Schon heute Nacht wird es die ersten Einsätze für Polizei und Rettungsdienst geben, da die armen traumatisierten Ärzte und Ingenieure ihre Ankunft im gelobten Land des nimmer endenden Geldflusses begießen müssen... Dann wird es nicht lange dauern, bis die Chirurgen sich gegenseitig operieren oder schlachten oder schächten, je nach Religion.“
Für die Linken-Politikerin Feiks bekommen die Zustände eine neue Dimension: „Sachsen hat ein Problem mit rechtem Terror“, meint sie. „Das ist nicht mehr zu bestreiten.“