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Nazi-Vergleiche Recep Tayyip Erdogan: Strafverfolgung wegen Nazi-Vergleichen nicht möglich

Von Christian Bommarius 29.03.2017, 16:02
Der türkische Präsident Erdogan bei einer Rede.
Der türkische Präsident Erdogan bei einer Rede. AFP

Berlin - Nach Strafanzeigen gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ermitteln derzeit die Staatsanwälte – ohne Aussicht auf eine Anklage oder gar Verurteilung.

So bestätigte die Staatsanwaltschaft Darmstadt auf Anfrage dieser Zeitung, dass sie mindestens eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Erdogan erhalten und routinemäßig mit Aktenzeichen versehen habe. Nun laufen Vorermittlungen.

In den vergangenen Wochen hatte Erdogan mit seinen Vergleichen Angela Merkels mit Nazis für Empörung gesorgt. Bei mehreren Staatsanwaltschaften waren Anzeigen wegen Volksverhetzung eingegangen. In Darmstadt hatte die Ausländerbeirätin von Dreieich (Hessen), Fatma Nur Kizilok, ihre Anzeige mit der Begründung gestellt: „Wenn Erdogan den Satiriker Böhmermann anzeigen kann, warum soll ich dann nicht Erdogan anzeigen.“

Davon abgesehen, dass es nach der Anzeige Erdogans wegen Beleidigung zu keiner Verurteilung Böhmermanns kam, lautet die Antwort: Böhmermann ist nicht Staatspräsident.

Zwar werden laut der für „Anzeigen mit politischem Bezug“ zuständigen Staatsanwaltschaft in Darmstadt gerade die Grundlagen hergestellt, um den Anfangsverdacht zu prüfen, wie eine Sprecherin sagte. So müsse zunächst der Redetext im Original und im Gesamtzusammenhang beschafft und geprüft werden, auf Grundlage einer amtlich beglaubigten Übersetzung. Zudem unterliege nicht jede Straftat eines türkischen Staatsbürgers im Ausland deutschem Recht.

Absolute Immunität

Doch Rechtexperten zufolge kann Erdogan für seine Beschimpfungen deutscher Politiker ohnehin nicht in der Bundesrepublik bestraft werden. So erklärte der Rechtswissenschaftler Markus Mavany von der Universität Trier dieser Zeitung, aus dem Völkergewohnheitsrecht ergebe sich eine „absolute Immunität für Herrn Erdogan in der Bundesrepublik Deutschland“. Diese könne auch nicht durch eine politische Entscheidung aufgehoben werden: „Er ist somit für die Dauer seiner Amtszeit vor einer Strafverfolgung seitens deutscher Behörden geschützt.“

Auch nach dem Ende seiner Amtszeit sei eine Strafverfolgung nur möglich, wenn seine Äußerungen „private Handlungen“ gewesen seien: „Da er diese aber in seiner Funktion als Staatsoberhaupt und im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung getätigt hat, wird man dies verneinen müssen.“

Zuvor war bereits eine Klage deutscher Anwälte und Linken-Abgeordneter gegen Erdogan wegen Kriegsverbrechen in Kurdistan gescheitert. Das Verfahren wurde eingestellt, da Erdogan Immunität genieße. (mit sgey.)