Reaktionen auf Friedensnobelpreis Reaktionen auf Friedensnobelpreis: "Merkel hat sich noch nicht als Friedenspolitikerin bewiesen"

Bekommt Angela Merkel den Friedensnobelpreis oder nicht? Die Twittertimeline lief am Freitagmorgen heiß. Unter dem Hashtag Friedensnobelpreis und NobelPrize ratterten die Kurznachrichten in 140 Zeichen nur so herein.
Doch wer hatte diese Annahme eigentlich in die Welt gesetzt, dass Merkel gute Chancen auf den hochrangigen Preis habe? Tatsächlich gab es verschiedene Quellen für die Behauptung: Unter anderem das Osloer Friedensforschungsinstitut Prio. Leiter Kristian Berg Harpviken sah Bundeskanzlerin Merkel als Favoritin. „Ich denke, es ist die Mischung aus moralischem Führungsstil und ihrem Umgang mit wirklich schwierigen Problemen, wegen der sie den Preis verdient“, sagte er.
Reine Spekulation natürlich. Und ein Blick zurück zeigt, dass Harpviken mit seinen Prognosen in der Vergangenheit selten richtig lag. Nur im letzten Jahr, als Malala Yousafzai, Vorkämpferin für Kinderrechte aus Pakistan, den Nobelpreis bekam, bewies er das richtige Gespür.
Das Gerücht nahm seinen Lauf
Allerdings sahen auch mehrere Wettbüros und Buchmacher klar Merkel vorne. Und so nahm das Gerücht wohl seinen Lauf.
„Merkel war durchaus eine Kandidatin, die man ernst nehmen konnte. Wir hätten uns als Land sicher gefreut, da es auch eine Würdigung der vielen Helfer und Helferinnen gewesen wäre. Für das Nobelpreiskomittee war aber sicher auch ausschlaggebend, dass die politische Entwicklung noch nicht abzusehen ist“, sagte Rolf Mützenich, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion am Freitagvormittag. Dass der Preis nach Tunesien geht, sei eine tolle Ermutigung für das Land.
Ähnlich die Reaktion von Sigmar Gabriel, Parteivorsitzender der SPD: „Die Preisverleihung ist eine Ermutigung an das gesamte tunesische Volk, auf diesem Weg entschlossen und gemeinsam weiter voranzugehen - trotz aller Herausforderungen und mancher Rückschläge.“
"Übertrieben"
Bernd Riexinger, Chef der Linken, sah die Bundeskanzlerin ohnehin nicht als Siegerin des Preises. „Ich hätte es übertrieben gefunden, wenn Merkel den Friedensnobelpreis bekommen hätte. Sie hat zwar zur Flüchtlingskrise Position bezogen, wenn auch zu spät, und auch in der Ukraine eine wichtige Rolle gespielt, sich aber angesichts der Auslandseinsätze der Bundeswehr insgesamt nicht als Friedenspolitikerin auf dem internationalen Parkett bewiesen.“ Das tunesische Bündnis habe den Preis völlig zu Recht bekommen, sagt er.
Auf Twitter spielte das Merkel-Nobelpreis-Gerücht zumindest in Politikerkreisen keine Rolle mehr. Vielmehr gab es Gratulationen für den Sieger. „Friedensnobelpreis für tunesisches Dialogquartett ist eine gute Entscheidung“, kommentierte beispielsweise Ralf Stegner, Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein und SPD-Bundesvize ganz diplomatisch.
Auch Grünen-Chef Cem Özdemir äußerte sich: „Friedensnobelpreis ist ein gutes Signal! Menschenrechte, Demokratie & Frieden sind möglich. Wir wünschen es auch Syrien, Ägypten & Co.“
Die CDU wollte sich zu dem „Nichtpreis“ für die Kanzlerin nicht äußern. Das hätte man nur kommentiert, wenn sie ihn bekommen hätte, sagte ein Sprecher.
Vorgeschlagen für den Nobelpreis wurde Merkel übrigens schon vor der Flüchtlingskrise. Dass sie aufgrund ihrer „Wir-schaffen-das-Haltung“ den Preis bekommen hätte, wäre daher vor diesem Hintergrund ohnehin abwegig gewesen.