Razzia bei Steuersündern Razzia bei Steuersündern: 27,8 Millionen Euro wurden bereits zurückgezahlt
Berlin/Bochum/dpa. - In den eineinhalb Wochen nach der spektakulären Steuerrazzia beimfrüheren Postchef Klaus Zumwinkel habe es Durchsuchungen bei 150Beschuldigten gegeben, berichtete die Bochumer Staatsanwaltschaft amDienstag in einer ersten Zwischenbilanz. 91 hätten sofort gestanden.Bei der Razziawelle seien die Ermittler auf mehr als 200 MillionenEuro gestoßen, die am deutschen Fiskus vorbei ins Ausland geschafftwurden.
Im Zuge der Affäre um Steuerhinterziehung über LiechtensteinerBanken wurden bei der Zwischenbilanz allerdings keine Details zueventuellen Ermittlungen gegen Bundestagsabgeordnete oder Namenanderer Prominenter genannt. Um Razzien zu entgehen, haben sich 72Steuersünder selbst angezeigt.
Schwerpunkte der Durchsuchungen waren nach Angaben derStaatsanwaltschaft die Räume München (34 Fälle), Frankfurt/Main (17Fälle), Stuttgart (24 Fälle), Hamburg (30 Fälle) und Nordrhein-Westfalen (15 Fälle).
Strafbefehle und Haftstrafen drohen jetzt nicht nur inDeutschland. Die Daten aus dem Fürstentum Liechtenstein, die derInformant an den Bundesnachrichtendienst für fünf Millionen Euroverkaufte, reichen weit ins Ausland hinein. Nach einem Bericht der«Financial Times» planen die deutschen Behörden, ihre Daten gratisanderen europäischen Staaten zur Verfügung zu stellen. Finnland,Schweden, Norwegen und Holland hätten bereits Interesse bekundet.Auch Frankreich hat nach Angaben des dortigen FinanzministeriumsInformationen der deutschen Ermittler «nach gängigenBedingungen» erhalten. Diesen gehe man jetzt nach. AuchGroßbritannien ermittelt.
Ermittelt wird nach Darstellung der BochumerSchwerpunktstaatsanwaltschaft auch bei drei deutschen Banken. Inihnen sollen Beschuldigte Konten oder Schließfächer unterhaltenhaben. Einzelne Bankmitarbeiter stünden im Verdacht, Kunden bei derGeldanlage in Liechtensteiner Stiftungen beraten und ihnen so bei derSteuerhinterziehung geholfen zu haben. In Liechtenstein sind nachInformationen des «Handelsblatts» (Mittwoch) aus Justizkreisen nebender LGT-Bank des liechtensteinischen Fürsten und derliechtensteinischen Tochter der Schweizer Vontobel-Bank noch weitereKreditinstitute in den Fall verwickelt.
Zu den deutschen Berichten über die Verwicklung der VontobelTreuhand AG in Liechtenstein heißt es bei dem Unternehmen, wederKundendaten seien entwendet noch missbräuchlich verwendet worden. DieBank machte keine Angaben zu einem Bericht der «SüddeutschenZeitung», dem zufolge die Staatsanwaltschaft Bochum über Unterlagenverfügt, wonach reiche Bundesbürger auch über die Vontobel TreuhandAG mit Sitz in Vaduz Steuern hinterzogen haben sollen.
Mit der Überweisung ins Ausland sollten die Kapitalerträge vor derSteuer verborgen werden. Der Steuerschaden sei immens, sagte der Chefder Bochumer Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft Hans-Ulrich Krück inseiner Bilanz. 27,8 Millionen Euro hätten Steuersünder bereits alsAbschlag auf Nachforderungen der Steuer gezahlt. Weitere Zahlungen inähnlicher Höhe seien angekündigt. Die Summe erhöhe sich ständig.
In seiner Bilanz wies der Staatsanwalt Kritik am Vorgehen derBehörden zurück. Der Nachrichtendienst BND hatte die Daten über dieKonten in Liechtenstein vom Ex-Mitarbeiter einer Bank gekauft, dersie heimlich kopiert hatte. Die dänische Regierung hatte dieInformationen deshalb als «Hehlerware» eingestuft und will sie nichtverwenden.
Im Kampf gegen weltweite Geldwäsche geht die Bundesregierung nachMonate langer Verzögerung die Umsetzung von EU-Vorgaben in nationalesRecht an. An diesem Mittwoch wird sich das Kabinett mit demGesetzentwurf zur Umsetzung einer neuen EU-Richtlinie befassen. Dieparlamentarischen Beratungen sollen im Juli abgeschlossen sein.Eigentlich sollten die vor zweieinhalb Jahren beschlossenen EU-Vorgaben bereits seit Dezember 2007 Gesetz sein.