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Wladimir Jakunin Putin-Freund Wladimir Jakunin eröffnet russische Denkfabrik "Dialogue of Civilizations Research Institut" in Berlin

Von Steven Geyer 01.07.2016, 07:10
Der Putin-Vertraute Wladimir Jakunin (r.) eröffnet am Freitag sein „Dialogue of Civilizations Research Institut“ in Berlin.
Der Putin-Vertraute Wladimir Jakunin (r.) eröffnet am Freitag sein „Dialogue of Civilizations Research Institut“ in Berlin. imago stock&people

Dass das Institut, das an diesem Freitag im Herzen Berlins aus der Taufe gehoben wird, mehr sein will als eine Forschungseinrichtung, zeigt schon der prestigeträchtige Ort des Festaktes: Im Saal des historischen Humboldt-Carrés, auf halber Strecke zwischen Auswärtigem Amt und Brandenburger Tor, treffen sich 120 Gäste zur sechsstündigen Auftaktveranstaltung – darunter Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU), Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat.

Geladen hat eine Institution namens „Dialogue of Civilizations Research Institut“ – hinter der, und das macht die Sache bedeutsam, ein berüchtigter Kreml-Intimus steckt: der Putin-Vertraute, Wladimir Jakunin.

Was Jakunin in Berlin vorhat, lässt das kühl designte Einladungsschreiben nur ahnen. Von einer „Mission, den Dialog zwischen den Zivilisationen zu fördern“ ist da die Rede, „basierend auf wirtschaftlicher Entwicklung, Kultur und beidseitigen Interessen“. Pofalla und Platzeck werden in ihren Funktionen als Vorstandschefs des Petersburger Dialogs und des Deutsch-Russischen Forums als Podiumsteilnehmer angekündigt.

Doch seit die Einladungen für Stirnrunzeln im politischen Berlin sorgten, sind die hochrangigen Herren nur noch als Gäste vorgesehen.

Zwietracht gesät, Ansehen beschädigt

Sowohl aus dem Auswärtigen Amt wie von den deutschen „Denkfabriken“ – wie sich die politik- und sozialwissenschaftlichen Institute zur Firmen- und Politikberatung nach US-Vorbild nennen – ist zu hören, dass die Neugründung Skepsis auslöst. Das hat viele Gründe.

Da sind die Erfahrungen mit den Propaganda-Aktivitäten des Kreml speziell in Deutschland: Unabhängige Recherchen zeigten, dass hinter der Flut an Putin-freundlichen Internet- und Leserkommentaren während des Ukraine-Konflikts auch Tausende vom Kreml bezahlte Kleinschreiber steckten. Deutschland war gezielt als Einsatzort gewählt, wie auch als Sendegebiet des TV-Senders RT Deutsch, der die Kreml-Sicht auf die Welt bevorzugt ins rechte und linke Lager hämmert, wo sich Putin-Verehrung und Anti-Amerikanismus ohnehin treffen.

Dass die russische Regierung sogar offen mit Lügen und Schmutz hantiert, bewies der Fall des kurzzeitig verschwundenen russlanddeutschen Mädchens Lisa Anfang dieses Jahres: Russlands Außenminister Lawrow warf deutschen Behörden vor, die Wahrheit über eine angebliche Vergewaltigung durch Flüchtlinge zu vertuschen. Nichts davon stellte sich als korrekt heraus, doch die Töne erreichten ihr Ziel: Zwietracht in Berlin, Proteste von Russlanddeutschen, Schäden am Ansehen deutscher Behörden, Politiker und Medien. Moskau geht es um den Kampf um die Köpfe: Gerade im Westen soll der Normalbürger die liberale Demokratie nicht für den Sieger der Geschichte halten, Putin für einen Friedensaktivisten und die USA für Alleinschuldige am Elend der Welt.

Diese Mission unterstellen Politiker und Politologen auch der Denkfabrik des Putin-Freunds Jakunin – nur wissenschaftlich verklärt. Das liegt auch daran, dass Jakunin sich als harscher Kritiker alles Westlichen und Liberalen hervortut und Kontakte zum rechten Rand in Deutschland pflegt. Bislang leitete er seine Stiftung von Wien aus und lud Strippenzieher aus aller Welt – außer den USA – zu einer jährlichen Konferenz ins griechische Rhodos, um Gegenentwürfe zur westlichen Vorherrschaft zu debattieren.

Finanziert von russischen Oligarchen

Von Berlin aus will Jakunin es eine Nummer größer angehen: Hier soll das Hauptquartier eines weltweiten Netzes russischer Denkfabriken entstehen, das die Dualität mehrerer „Zivilisationen“ bereits im Namen trägt. Zugleich plaudern dessen Chefs offen darüber, dass es sich aus Spenden russischer Oligarchen finanziert. Tatsächlich startet es laut Handelsregister mit einem Grundkapital von nur 25.000 Euro, hatte aber Headhunter auf möglichst hochkarätige Personaleinkäufe deutscher Experten angesetzt. Bislang erfolglos.

Auch sonst lief es noch nicht glatt: Der erhoffte repräsentative Sitz nahe Reichstag und US-Botschaft ist noch nicht gefunden – einstweilen muss die Anwaltskanzlei des Geschäftsführers der gemeinnützigen GmbH am Ku’damm als Adresse herhalten. Auch hatten Jakunins Rhodos-Konferenzen klangvollere Namen zu bieten als nun sein Institut:

Als Gründungsdirektoren präsentieren sich am Freitag neben Jakunin nur der österreichische ÖVP-Politiker Walter Schwimmer, 74, Ex-Generalsekretär des Europarates, und der Göttinger Professor Peter W. Schulze, 73. Weil das Kanzler- und Außenamt die Auftritte der anderen prominenten Ehemaligen abbog, halten die Willkommensreden nun Kujat – einst immerhin Vorsitzender des Nato-Militärausschusses – und Viktor Subkow. Der war einst russischer Ministerpräsident.