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Prostituierte Prostituierte: Bundestag beschließt neues Gesetz

19.10.2001, 12:23
Prostituierte in Deutschland und ihr Arbeitsplatz
Prostituierte in Deutschland und ihr Arbeitsplatz dpa

Berlin/dpa. - Die rund 400 000 Prostituierten in Deutschlandkönnen sich künftig sozialversichern und ihr Entgelt gerichtlicheinklagen. Prostitution und deren Förderung ist straffrei, so fernsie ohne Zwang ausgeübt wird. Der Bundestag verabschiedete am Freitagein entsprechendes Gesetz, das die sozial- und arbeitsrechtlicheStellung der Prostituierten wesentlich verbessert. Mit der Regelungerhalten die Frauen Ansprüche auf Umschulung und Wiedereingliederungin den normalen Arbeitsmarkt sowie auf Leistungen der gesetzlichenGesundheitsversorgung, der Arbeitslosen- und Rentenversicherung.

Zwischen Arbeitgeber und Prostituierten bestehen nicht dieüblichen Arbeitgeberrechte, erläuterte BundesfrauenministerinChristine Bergmann (SPD). Der Arbeitgeber habe nur eingeschränkteWeisungsrechte. Es gebe für die Frauen keine Kündigungsfristen, gegensie könnten keine Ansprüche «wegen angeblicher Schlechtleistunggeltend gemacht werden». Menschenhandel, Zwangsprostitution,Zuhälterei im engeren Sinne und «die Zuführung Jugendlicher zurProstitution bleiben selbstverständlich weiterhin strafbar», sagteBergmann.

Dem Entwurf von SPD und Grünen stimmten auch die FDP sowie diemeisten Abgeordneten der PDS zu. Das neue Gesetz, das zum 1. Januar2002 in Kraft tritt und dessen Wirkung nach drei Jahren überprüftwerden soll, biete die Möglichkeit, die enge Verknüpfung zwischenProstitution und organisierter Kriminalität zu lockern, sagte dieSPD-Abgeordnete Anni Brandt-Elsweier. Die Regelungen brächten mehrTransparenz in das Milieu, wo die Dienste der geschätzt 400 000Prostituierten - überwiegend Frauen - täglich von über einer MillionMännern in Anspruch genommen werden. Der bessere rechtliche Schutzmindere auch die Abhängigkeit der Prostituierten vom Zuhälter, sagtedie SPD-Abgeordnete.

Die Grünen-Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk, die sich imparlamentarischen Prozess für das Gesetz stark gemacht hatte, siehtnun das Ende einer langjährigen Scheinheiligkeit und Doppelmoral. Inder Debatte bedauerte sie, dass sie sich mit ihren Vorstellungen,auch die Sperrbezirke aufzuheben, nicht durchsetzen konnte. Das hättedie Zustimmung des Bundesrates erfordert und somit das Gesetzverzögert, wenn nicht gar verhindert, argumentierte sie.

Die Union bekräftigte in der Debatte ihre Bedenken gegen dasGesetz. Es sei ein Schritt in die falsche Richtung, sagte die Unions-Abgeordnete Maria Eichhorn. Die Position der Frauen bleibe schlecht,die der Zuhälter werde dagegen gestärkt. «Der Kauf einer sexuellenDienstleistung, die den Körper zu einer Ware dekradiert, istmoralisch fragwürdig. Sie widerspricht der menschlichen Würde.» Ausdiesen Gründen sei und bleibe Prostitution sittenwidrig, sagteEichhorn.

Bei einer gesetzlichen Regelung müsse es vor allem darum gehen,Ausstiegsmöglichkeiten für die Frauen zu schaffen. Mit derNeuregelung werden gegen die Absichten neue und stärkereAbhängigkeiten geschaffen und das kriminelle Milieu könne sich weiterausbreiten, warnte Eichhorn.

Prostituierte in Hamburg
Prostituierte in Hamburg
dpa