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Projekt für Stasi-Behörde Projekt für Stasi-Behörde: Schnipsel-Jagd mit Hindernissen

Von Markus Decker 11.04.2013, 17:34
Zerrissene Stasi-Akten
Zerrissene Stasi-Akten dpa Lizenz

Berlin/MZ - Wer sich intensiver mit der Stasi-Unterlagenbehörde beschäftigt, der trifft früher oder später auf Bertram Nickolay. Der ältere Herr mit den grauen Haaren arbeitet beim Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik. Unter seiner Federführung läuft ein Pilotverfahren mit dem Ziel, Papier-Schnipsel mittels eines Scanners massenhaft einlesen und sie virtuell zu ganzen Seiten zusammen setzen zu können – wobei es hier natürlich um Schnipsel zerrissener Stasi-Akten geht. Der Bundestag hat das Projekt 2007 bewilligt und sechs Millionen Euro dafür bereitgestellt. Herr Nickolay präsentiert es gern öffentlich.

Neuerdings allerdings zeigt sich, dass die Sache nicht so läuft, wie die Stasi-Unterlagen-Behörde und der Forscher sich das erhofft haben. Frühestens 2016, so Behörden-Leiter Roland Jahn in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht, werde das Pilotverfahren beendet sein. Dabei ist es durchaus möglich, dass eben diese Behörde bereits 2019 ihre Pforten schließt.

Die Software funktioniere im Kern schon, beteuert Jahns Sprecherin Dagmar Hovestädt. Was nicht funktioniere, sei die Rahmensoftware zur Koordinierung der verschiedenen Komponenten. Und was vor allem nicht funktioniere, sei der Scanner. Eigentlich habe das Fraunhofer-Institut darauf gesetzt, einen handelsüblichen Scanner zum Einlesen der Schnipsel verwenden zu können und diesen bloß geringfügig modifizieren zu müssen. Mittlerweile aber sei klar, dass es einen eigenen Scanner entwickeln müsse. Das braucht Zeit. Wie viel Zeit genau - das ist derzeit unklar. Etwas anderes ist hingegen nach Hovestädts Angaben sicher: „Je länger es dauert, desto schwieriger wird es für alle Beteiligten.“

Insgesamt verfügt die Stasi-Unterlagen-Behörde über 16000 Säcke mit Stasi-Schnipseln. Akten der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) sind ebenso darunter wie ganz normale Berichte Inoffizieller Mitarbeiter. In Einzelfällen könne man mit Hilfe des Materials vielleicht die Rehabilitierung von Menschen ermöglichen, sagt Jahns Sprecherin. So oder so werde man Wissenslücken schließen können - Überraschungen nicht ausgeschlossen. Von den 16000 Säcken wurden bisher 500 per Hand rekonstruiert, 400 Säcke sind dem Pilotprojekt vorbehalten. Bleiben immer noch 15000 Säcke übrig.

Bertram Nickolay dürfte über den Gang der Dinge jedenfalls nicht so richtig erfreut sein. Für ihn tickt jetzt langsam die Uhr.