Präsidentenwahl in Italien Präsidentenwahl in Italien: Sergio Mattarella ist ein aufrechter Demokrat
Sergio Mattarella also. Der 73-jährige folgt dem 89-jährigen Giorgio Napolitano nach. Und wie dieser ist er seit Jahrzehnten im italienischen Politikbetrieb zu Hause. Er stammt aus einer christdemokratischen sizilianischen Politikerfamilie. Seinälterer Bruder Piersanti war Präsident der autonomen Region Sizilien und wurde 1980 von der Mafia ermordet.
Sergio Mattarella wurde 1983 erstmals Abgeordneter und blieb das 25 Jahre lang, bis 2008. In dieser Zeit war er mehrfach Minister und stellte ebenso mehrfach unter Beweis, dass er um der Macht willen nicht bereit war, Prinzipien aufzugeben. 1990, kaum ein Jahr im Amt als Bildungsminister unter Ministerpräsident Giulio Andreotti trat er zurück, weil er die gesetzliche Zementierung der Macht Silvio Berlusconis als größtem und politisch einflussreichstem Anbieter von Privatfernsehen in Italien nicht mittragen wollte. Die politische Gegnerschaft Mattarellas zu Berlusconi zeigte sich erneut Mitte der 1990er Jahre, als der Sizilianer die Annäherung des von ihm mitgegründeten Partito Popolare Italiano - einer Nachfolgerin der im 1993 aufgedeckten riesigen Parteispendenskandal untergegangenen Christdemokraten - an die Berlusconi-Partei Forza Italia scharf ablehnte.
Nur folgerichtig, dass die Abgeordneten der Berlusconi-Partei am Samstag auch im vierten Wahlgang Mattarella nicht mitwählten. Mattarella ist solche Ablehnung von rechts gewohnt. Schon 2011, als er vom Parlament zum Verfassungsrichter gewählt wurde, klappte das erst im vierten Anlauf und mit einer Stimmeüber dem nötigen Quorum, weil sich ihm weite Teile der konservativen und rechtspopulistischen Abgeordneten verweigerten.
Es entbehrt allerdings nicht einer gewissen Ironie, dass Italiens Ministerpräsident Renzi das dringend benötigte neue Wahlrecht ausgerechnet mit Mattarellas politischem Erzfeind Berlusconi aushandelte - aus schierer politischer Notwendigkeit, denn ohne die Stimmen des Berlusconi-Lagers im Parlament hätte die Reform nicht die nötige Mehrheit.
Renzi riskierte mit seinen etwa ein Jahr andauernden Verhandlungen mit Berlusconi für das neue Wahlrecht erheblichen Unmut in seinen eigenen Reihen. Dass er es dennoch geschafft hat, den linken Christdemokraten zum neuen Staatspräsidenten Italiens wählen zu lassen, ist ein Beleg für das Verhandlungsgeschick und die politisch-taktischen Fähigkeiten Renzis.
Mattarella wird Präsident in einer Umbruchzeit für Italien. Renzi hat mehrere von ihm angekündigte wichtige Reformen noch gar nicht angepackt. Scharfe politische Konflikte etwa in der Reform des Justizsystems oder der Verwaltung sind vorauszusehen. Es bleibt abzuwarten, ob Mattarella es wie seinem Vorgänger Napolitano gelingt, die politischen Auseinandersetzungen zu moderieren und die politischen Kontrahenten wenn nötig zur Ordnung zu rufen.