Porträt Porträt: Sonia Gandhi
Neu Delhi/dpa. - Von Politikern der bisherigen indischenRegierungspartei BJP wurde Sonia Gandhi verhöhnt und verspottet.Immer wieder wurde die Chefin der traditionsreichen Kongressparteiwegen ihrer italienischen Herkunft angegriffen. Der Erfolg ihresWahlbündnisses, mithin der Erfolg Sonia Gandhis bei derParlamentswahl in Indien gilt als Sensation. Dabei ist die 57-jährigeStatthalterin der Nehru-Gandhi-Dynastie alles andere als eineVollblutpolitikerin.
«Ich hatte nie Lust, in die Politik zu gehen», sagte sie vorkurzem in einem Interview. Ohne Zweifel hatte sie sich ihr Lebenanders vorgestellt, als sie 1965 beim Studium in Cambridge ihrenkünftigen Ehemann Rajiv Gandhi kennen lernte - den Enkel des erstenindischen Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru.
Damals hatte die Tochter eines Bauunternehmers nur «eine vageIdee, dass es Indien mit seinen Schlangen, Elefanten und Dschungelnirgendwo auf der Welt gibt», bekannte sie einst. Viel mehr über dasLand, das ihre neue Heimat werden sollte, wusste sie nicht, und vonden künftigen Schicksalsschlägen konnte sie nichts ahnen.
1984 wurde Sonia Gandhis Schwiegermutter, die damaligeMinisterpräsidentin Indira Gandhi, von einem Leibwächter erschossen.Sonia Gandhi kämpfte danach «wie eine Tigerin», um ihren Mann davonabzuhalten, in die Politik zu gehen - ohne Erfolg. Kurz darauf wurdeauch er Regierungschef. «Nachdem meine Schwiegermutter getötet wurde,wusste ich, dass auch er ermordet werden würde», sagt sie. 1991 rissihn tatsächlich ein Selbstmordattentäter mit in den Tod.
Doch 1998 folgte Sonia Gandhi selber dem Ruf der kriselnden Partei- aus Pflichtbewusstsein gegenüber den Angehörigen, die für Indienund die Kongresspartei «gelebt und gestorben» seien, sagt sie.Inzwischen spricht sie fließend Hindi, wenn auch mit Akzent - undwird nicht müde, zu betonen, dass sie ihre italienische Vergangenheitabgelegt hat. «Bei uns zu Hause gibt es fast nur indisches Essen»,sagt sie. Pasta werde nur auf Wunsch von Freunden gemacht.
Trotz ihres unerwarteten Erfolges dürfte sie froh sein, wenn sieeins Tages die Verantwortung weiterreichen kann. DieFamilientradition ist jedenfalls weiter lebendig. Schon länger wirdspekuliert, dass Sonia und Rajiv Gandhis Tochter Priyanka in diePolitik gehen könnte, Sohn Rahul hat diesen Schritt bereits getan. Erkandidierte bei der Wahl erstmals für einen Parlamentssitz -natürlich für die Kongress-Partei.