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Porträt Porträt: Großajatollah Ali el Sistani

25.08.2004, 18:21

Kairo/dpa. - Großajatollah Ali el Sistani ist ein Mann der leisenTöne. Er verweigert sich den Massenmedien und hält heute fast genausoviel Abstand zu den Mächtigen in Bagdad wie einst unter dem Regimevon Saddam Hussein. Als ihn seine Getreuen am 6. August zu einerschon länger anstehenden Herzoperation nach London brachten, schlugder kranke Mann nach Angaben von Vertrauten ein Angebot derAmerikaner aus, mit einem US-Militärhubschrauber zu fliegen.Stattdessen ließ er sich durch unsicheres Gebiet mit dem Auto zumFlughafen Bagdad fahren. Doch gerade seine Zurückhaltung und seinMisstrauen gegenüber weltlichen Herrschern verschafft dem 74-jährigenGeistlichen im lauten und von Misstönen geprägten Konzert des Post-Saddam-Irak so großes Gewicht.

Verliest ein Religionsgelehrter aus dem engen Kreis um El Sistanieine Erklärung des Ajatollahs, so können die arabischen Fernsehsenderkein Bild eines Mullahs zeigen, der am Rednerpult die Faustzusammenballt wie Hassan Nasrallah, der Führer der schiitischenHisbollah im Libanon. Stattdessen zeigen sie immer wieder dieverschwommene Aufnahme eines ernsten Mannes mit weißem Bart, der ineinem Haus in der Nähe der Imam-Ali-Moschee in Nadschaf in einemunmöblierten Zimmer auf einer dünnen Matratze am Boden sitzt. Auchdie Vorstellung selbst zum Staatsoberhaupt einer islamischen Republikaufzusteigen, so wie einst Ajatollah Khomeini in Iran, reizt ElSistani nicht.

Dabei sind viele der mehr als 60 Prozent Schiiten des Landesbereit, El Sistanis islamische Rechtsgutachten zu respektieren. Alser seine Glaubensbrüder nach dem Sturz des Regimes von Saddam Husseindurch die US-Armee aufrief, vorerst keinen bewaffneten Widerstandgegen die Besatzungsmacht zu leisten, folgten sie ihm zunächst. Dochje länger die Besatzung andauerte, desto erfolgreicher konnte seininzwischen größter Rivale, der junge Prediger Muktada el Sadr, imTrüben fischen und Kämpfer in den schiitischen Armenviertelnrekrutieren.

El Sistani wurde 1930 im iranischen Mesched geboren und siedelteerst 1952 in den Irak um. Er entstammt einer Familie bekannterReligionsgelehrter. In seiner offiziellen Biografie heißt es: SeineEminenz begann im Alter von fünf Jahren mit dem Koranstudium. Dassder Großajatollah aus Iran stammt, hat El Sadr als Argument benutzt,um die Autorität des älteren Rivalen in Zweifel zu ziehen. Sich offengegen El Sistani aufzulehnen, würde aber auch El Sadr nicht wagen.