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Porträt Porträt: Gordon Bajnai - Regierungschef aus Notlösung

30.03.2009, 12:46

Budapest/dpa. - Ebenso häufig hatte er jede diesbezügliche Ambition dementiert. Dasser nun dennoch Ministerpräsident für ein Jahr bis zur nächstenregulären Parlamentswahl 2010 werden soll, ist Ergebnis einerNotlösung. Denn am Ende einer chaotischen Suche nach einem Nachfolgerfür den amtsmüden Gyurcsany blieb er als einziger übrig, der nichtnur mit der Unterstützung der regierenden Sozialisten, sondern auchmit der oppositionellen Liberalen rechnen kann.

Der 41-jährige Späteinsteiger in die Politik stammt aus dersüdungarischen Stadt Szeged und absolvierte in Budapest ein Studiumder Ökonomie. Von 1991 bis 1993 arbeitete er in jener kleinenBudapester Berater-Firma Creditum, in der auch Gyurcsany seineBusiness-Laufbahn begann. Von 1995 bis 2000 war er in leitenderFunktion beim Wertpapierhaus CA-IB tätig.

Aus dieser Zeit kennt Bajnai praktisch alle wichtigen Akteure derungarischen Wirtschaft, da sich seine Firma bei der Börseneinführunggroßer ungarischer Unternehmen wie der Großbank OTP, desMineralöl-Riesen MOL, des Telekom-Konzerns MATAV und desPharma-Unternehmens Richter als Berater hervortat. Von 2000 bis 2005war er Generaldirektor des ungarischen Investment-Riesen Wallis AG.,den er erfolgreich restrukturierte.

Im Juni 2006, nach der gewonnenen Parlamentswahl, holte ihnGyurcsany als Regierungskommissar für die EU-Gelder in sein Kabinett.Im Juli 2007 wurde er Minister für Regionalentwicklung, im Mai 2008für Wirtschaft, wobei der Schlüssel für die Kasse mit den EU-Geldernstetsbei ihm blieb. Den schludrigen Umgang mit den Fördergeldernder Union drängte er zurück, was ihm die Feindschaft sozialistischerPlatzhirsche eintrug. Die Einflussnahme auf die Gelderverteilungseitens «starker» Koalitionspolitiker, die ihm Gyurcsany alsStaatssekretäre ins Ministerium schicken musste, konnte er freilichnicht abstellen.

Bajnai, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, hat den Ruf einesgewandten Kommunikators und eines harten Arbeiters und Chefs. DieseEigenschaften wird er benötigen, denn die rechte, populistischauftretende Opposition wird ihm in seinem neuen Job die Hölle heißmachen. Der Vorwurf der Zugehörigkeit zu alten Seilschaften wirdnicht lange auf sich warten lassen - Bajnai verbindet nämlich nichtnur eine lange Geschäftsfreundschaft mit Gyurcsany, sondern auch mitdem Liberalen-Fraktionschef Janos Koka. Dieser soll bei derUmstimmung der anfänglich skeptischen Liberalen zu seinen Gunstenbesonders umtriebig gewesen sein.