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Polen Polen: Letztes Geleit für Lech Kaczynski

Von Jacek Lepiarz 17.04.2010, 11:51
Die Grabstätte des Präsidenten Lech Kaczynski und seiner Frau Maria. (FOTO: DPA)
Die Grabstätte des Präsidenten Lech Kaczynski und seiner Frau Maria. (FOTO: DPA) epa pap

Krakau/dpa. - Barack Obama, Angela Merkel und Dutzende weitere Gästemussten wegen der Vulkanasche absagen.

Krakau/dpa.Letztes Geleit für Lech Kaczynski: Mit einemStaatsbegräbnis für den polnischen Präsidenten sind dieTrauerzeremonien am Sonntag in Krakau zu Ende gegangen. Kaczynski undseine Frau Maria wurden nach einer Trauermesse in Krakau in der Gruftdes Wawel-Kathedrale bestattet. Zehntausende Polen hatten zuvor nocheinmal die Gelegenheit genutzt, von dem zu Lebzeiten umstrittenenPräsidenten, der das Land erst in seinem Tod geeint hatte, Abschiedzu nehmen.

Zu dem Staatsbegräbnis in Krakau hatten sich auch zahlreichePräsidenten,Regierungschefs und gekrönte Häupter angesagt. Doch wegen derVulkanasche aus Island und der Sperrung weiter Teile des europäischenLuftraums sagten über 40 von ihnen ihre Teilnahme kurzfristig ab,darunter US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Unbeeindruckt von der Aschewolke traf dagegen der russischePräsident Dmitri Medwedew am Sonntagmittag noch mit einerSondermaschine in Krakau ein. Auf den russischen Präsidenten, dessenLand eine schwierige Vergangenheit mit Polen hat, richteten sich amSonntag die Augen vieler Polen.

Im Gespräch mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk sagteMedwedew vor der Totenmesse, die Trauer habe beide Nationenverbunden. Auch künftig sei das russische Volk bereit zurZusammenarbeit. Medwedew legte in der Marienkirche einen Straußscharlachroter Rosen nieder und zündete eine Kerze an. Das russischeStaatsfernsehen übertrug das Staatsbegräbnis direkt. Als wichtigsterausländischer Politiker wurde Medwedew in der Krakauer Marienkircheganz nach vorne zu seinem Sitz geführt.

Deutschland wurde von Bundespräsident Horst Köhler undBundesaußenminister Guido Westerwelle vertreten. Sie waren perHubschrauber angereist. Von den übrigen hochrangigen Staatsgästen,die es noch zum Staatsbegräbnis geschafft hatten, kamen die meistenaus den östlichen, weniger von der Vulkanasche betroffenen TeilenEuropas und aus Asien. Köhler und Westerwelle kondolierten zumAbschluss der Trauerfeier der polnischen Führung.

Die Trauerzeremonie begann am Sonntag mit Gedenkminuten undSirenengeheul in ganz Krakau. Nach der Messe in der prächtigenMarienkirche wurden die in rot-weiße Flaggen gehüllten Särge dann aufGeschütz-Lafetten durch die Krakauer Altstadt zur Wawel-Burggebracht. Erneut säumten Tausende Menschen die Straßen. In der Wawel-Kathedrale auf der Burg wurde das Paar in einem Sarkophag an derSeite von polnischen Königen und Nationalhelden bestattet. Nur dieFamilie, darunter die Tochter Marta und der Bruder Jaroslaw, durftenden letzten Minuten der Beisetzung beiwohnen.

Dass der erzkonservative Präsident Kaczynski auf dem BurgbergWawel, der ehemaligen Königsresidenz in Krakau und einem derbedeutendsten nationalen Symbole, zur letzten Ruhe gebettet wird, warumstritten. Kritiker argumentieren, dass er nicht neben Königen undNationalhelden beerdigt werden sollte.

Die Särge mit dem Präsidentenpaar waren am Sonntagvormittag inKrakau eingetroffen. Sie wurden dann vom Krakauer Flughafen Balice indie Marienkirche am Hauptmarkt der Altstadt gebracht. Unter strahlendblauem Himmel säumten dabei Tausende Trauernde die Straßen vonKrakau. Als der Konvoi durch die engen Gassen fuhr, spendeten dieWartenden Beifall und warfen gelbe und rote Nelken vor dieLeichenwagen, die Lieblingsblumen von Maria.

Bereits am Vortag hatten Hunderttausende Menschen in Warschau beieinem Staatsakt Abschied von dem Präsidenten genommen und der fasthundert Toten des Flugzeugabsturzes vor einer Woche in Russlandgedacht. Bei den Feierlichkeiten in Warschau standen KaczynskisZwillingsbruder Jaroslaw und Marta, die Tochter des verunglücktenPräsidentenpaares, gefasst vor einer Bühne, auf der ein Altaraufgebaut war.

Premierminister Donald Tusk nannte den Absturz derPräsidentenmaschine die größte Tragödie der polnischenNachkriegsgeschichte. Parlamentschef Bronislaw Komorowski, dasamtierende Staatsoberhaupt, appellierte an die Polen, in diesenschweren Stunden zusammenzustehen. «Nur selten gibt es Augenblicke inder Geschichte einer Nation, in denen wir wissen und fühlen, dass wirwirklich zusammenstehen», sagte er. «Die Katastrophe bei Smolensk warein solcher Augenblick.» 

Kaczynskis Maschine war bei Smolensk in Westrussland bei dichtemNebel abgestürzt. Es wird vermutet, dass ein Pilotenfehler dieUrsache war. Die Delegation war auf dem Weg zu Gedenkveranstaltungenzum 70. Jahrestag der Hinrichtungen in Katyn gewesen. Der sowjetischeGeheimdienst hatte damals 22 000 polnische Offiziere und andereMitglieder der Führungselite umgebracht.

Der Absturz und die Trauer um die Toten hatte nicht nur die Polengeeint, er hatte auch Polen und Russland nähergebracht. DerMetropolit von Krakau, Kardinal Stanislaw Dziwisz, rief angesichtsder Flugkatastrophe in Smolensk mit fast hundert Toten Polen undRussen zur Versöhnung auf. Die Tragödie vor einer Woche habe vielGutes in beiden Nationen freigesetzt, sagte Dziwisz bei derTrauermesse.

Mit einem Staatsbegräbnis für den polnischen Präsidenten sind die Trauerzeremonien am Sonntag in Krakau zu Ende gegangen.
Mit einem Staatsbegräbnis für den polnischen Präsidenten sind die Trauerzeremonien am Sonntag in Krakau zu Ende gegangen.
epa pap