Plagiatsvorwurf Plagiatsvorwurf: Schavan will nach Entzug des Doktortitels klagen

Berlin/MZ. - Die Universität Düsseldorf erkennt Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) den Doktortitel ab. Der zuständige Fakultätsrat habe die Promotionsleistung für ungültig erklärt und beschlossen, den vor 33 Jahren erworbenen Doktorgrad zu entziehen, teilte der Ratsvorsitzende Bruno Bleckmann am Dienstagabend nach über sechsstündigen Beratungen mit.
Für den Entzug des Doktorgrades hat eine deutliche Mehrheit von zwölf Mitgliedern des Rats der Philosophischen Fakultät gestimmt, es gab zwei Neinstimmen und eine Enthaltung. Der Rat habe es als erwiesen angesehen, dass Schavan „systematisch und vorsätzlich über ihre Dissertation verteilt“ gedankliche Leistungen vorgegeben habe, die sie nicht selbst erbracht habe.
Schavan, die sich derzeit auf Dienstreise in Südafrika befindet, schaltet derweil auf Kampfmodus. Kurz nach dem Ende der Ratssitzung teilte sie über ihre Rechtsanwälte mit, dass sie gegen das Votum klagen werde. Sie kann dies innerhalb eines Monats tun. „Die Entscheidung ist in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen und sie ist auch materiell rechtswidrig“, heißt es in der Erklärung. Die gesetzlich vorgeschriebene Vertraulichkeit des Verwaltungsverfahrens sei mehrfach durch selektive Information der Öffentlichkeit verletzt worden. „Die gebotenen Ermittlungen zur Feststellung einer Täuschung der Gutachter im damaligen Promotionsverfahren sind unterblieben.“ Beweisanträge seien in dem Verfahren von der Universität übergangen worden. Das gelte auch für den Antrag auf Einholung eines externen Fachgutachtens. Die Anwälte betonten: „Eine Täuschung hat es nicht gegeben.“
Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, forderte gleichwohl Schavans Rücktritt. „Mit dem Verlust des Doktortitels ist klar, dass Frau Schavan jetzt nicht mehr die Überzeugungskraft hat, um als Vorbild zu dienen“, sagte er der MZ. „Sie und die Kanzlerin müssen daraus die Konsequenzen ziehen.“ Rossmann fügte hinzu: „Frau Schavan hat Verdienste.“ Ihr nächstes Verdienst müsse nun allerdings darin bestehen, zugunsten der Glaubwürdigkeit von Bildung und Wissenschaft auf das Amt zu verzichten.
Petra Sitte (Linke) erklärte, das Ministeramt erleide einen Verlust an Ansehen und Vertrauen. Auch wenn die Entwicklung für Schavan persönlich tragisch sei, sei ein Rücktritt unvermeidbar.
Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer kritisierte hingegen das Vorgehen der Universität Düsseldorf als Farce. „Es war von Anfang an ein unfaires Verfahren“, sagte er. Immer wieder sei mit gezielten Indiskretionen Rufschädigung betrieben worden. Auch seien die Standards guter wissenschaftlicher Praxis nicht eingehalten worden. Kretschmer kritisierte: „Das Prozedere ist keine wissenschaftliche Überprüfung, sondern eine politisch motivierte Kampagne gegen eine sehr erfolgreiche Bundesforschungsministerin.“
Rückendeckung bekam Schavan auch von der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP). Sie könne verstehen, dass diese gegen den Entzug des Doktortitels klage, sagte Pieper der MZ. „Im Übrigen ist sie nicht Ministerin wegen ihres Doktortitels, sondern weil sie den Job gut macht.“ Pieper hob ausdrücklich Schavans Leistungen hervor. „Deutschland gibt trotz des Sparkurses in vier Jahren 13 Milliarden Euro mehr für Bildung und Forschung aus. Das ist einer der größten Erfolge dieser Regierung.
In der Union wurde zumindest noch Anfang der Woche für möglich gehalten, dass Schavan auch bei Verlust des Titels im Amt bleibt. Statt zurückzutreten, legte man ihr nahe, vor Gericht zu ziehen. Dieses Vorgehen ist aber augenscheinlich nicht ganz unumstritten. Führende Politiker wollten sich am Dienstag auf Nachfrage dazu nicht äußern.