Piratenpartei Piratenpartei: Berliner meutern gegen ihren Kapitän
Berlin/MZ/MDC. - Der 45-Jährige, Ende Februar mit 53,3 Prozent der Stimmen gewählt, wirft der Partei darin Nazi-Methoden vor. "Interessant ist schon, dass die Piraten die Wahlkampfmethodik, mit der die Nazis gerade Berlin erobert haben, gern kopieren", schreibt er und beschuldigt seine Parteifreunde, Andersdenkende auszugrenzen. Auf diese Weise habe zuletzt die NSDAP Erfolg gehabt. Die Piraten trieben sich "gegenseitig in die Schützengräben, die die Presse so freundlich für uns ausgehoben hat". Zugleich räumt der Landesvorsitzende jedoch ein: "Ich anerkenne, dass wir ein Naziproblem bei den Piraten haben. Das geht auch nicht anders: Eine Partei, die ohne Vorabscreening Mitglieder aufnimmt, kann gar nicht anders, als auch solche anzulocken, die ihre Menschenverachtung hinter der Meinungsfreiheit zu verstecken suchen."
Die Parteifreunde Philip Brechler, Stephan Urbach und Oliver Höfinghoff haben Semken daraufhin in einem offenen Brief aufgefordert, sein Amt aufzugeben. Er sei "komplett überfordert" und publiziere in "Wut, ohne an die Konsequenzen zu denken". Semken lehnte einen Rücktritt ab. "Die Rücktrittsforderung ist eine hoch emotionale Überreaktion", sagte er der MZ. "Wenn die Emotionen heruntergekocht sind und sich die Waage, die jetzt sehr deutlich auf ,Bleib da" steht, in die andere Richtung neigen sollte, dann wird eine entsprechende Entscheidung zu treffen sein." Semken fügte hinzu, er sei "sehr erzürnt" über die Tatsache, dass die Parteifreunde sofort an die Öffentlichkeit gegangen seien, statt mit ihm zu reden. "Wenn sie damit einen Rücktritt erreichen wollen, dann haben sie bei mir stimmungsmäßig eher ein ,Jetzt erst recht" bewirkt." Er räumte gleichwohl Fehler ein. Berlins Piraten haben 2 700 Mitglieder. Darunter sind Semken zufolge vermutlich zehn Prozent "Spinner" und "20 bis 30" Rechtsorientierte.
Der Fall Semken ist nicht der erste. Am Dienstag hatte das Bundesschiedsgericht der Piraten aus formalen Gründen darauf verzichtet, Bodo Thiesen aus Zell an der Mosel auszuschließen. Dieser hatte den Angriff Deutschlands auf Polen 1939 als legitim bezeichnet und den Holocaust angezweifelt. In der Kritik steht auch der Heidenheimer Kreisvorsitzende Kevin Barth. Er findet "Juden an sich unsympathisch".