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Prozess wegen Volksverhetzung Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann muss wegen Volksverhetzung Geldstrafe bezahlen

Von Bernhard Honnigfort 03.05.2016, 15:57
Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann (rechts) beim Gerichtsprozess am Amtsgericht Dresden
Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann (rechts) beim Gerichtsprozess am Amtsgericht Dresden dpa-POOL

Dresden - Als hätte er geahnt, dass der Tag teuer für ihn enden würde: Keine Mätzchen, kein Klamauk, keine alberne Anonymisierungsbrille mit schwarzem Gesichtsbalken wie noch zu Prozessbeginn. Lutz Bachmann, 43, Gründer der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung, war nicht nach billigen Späßen. Er war wie ein ganz normaler Angeklagter erschienen – bis auf die Zahnbürste im Revers für den Fall, dass er noch im Gericht verhaftet und ins Gefängnis gesteckt würde. Und bis auf Vicky, seine Frau, die als seelischer Beistand wieder neben ihm saß.

„Dresden zeigt, wie es geht“, ruft Bachmann gerne auf den montäglichen Pegida-Kundgebungen der angeblichen Retter des Abendlandes, welche die sächsische Landeshauptstadt seit anderthalb Jahren durcheinander wirbeln. Nun zeigte das Amtsgericht dem demagogischen Kleinkriminellen, wie es auch gehen kann.

Das nächste Mal eine Freiheitsstrafe denkbar

Am Spätnachmittag verurteilt ihn Richter Hans Hlavka im Namen des Volkes zu einer Geldstrafe von 9600 Euro wegen Volksverhetzung. Der 43-Jährige hatte im September 2014 auf seiner Facebook-Seite Flüchtlinge als „Gelumpe", „Viehzeug" und „Dreckspack" beschimpft. Als er das Urteil sprach buhten Zuschauer, zwei ließ der Richter aus dem Saal werfen. Bachmann habe Flüchtlinge beleidigt, begründete Hlavka das Urteil. „Das geht so nicht. Das hat volksverhetzenden Charakter." Das nächste Mal sei auch eine Freiheitsstrafe denkbar.

Staatsanwalt Tobias Uhlemann hatte sieben Monate Haft gefordert. Es gebe keinerlei Zweifel, dass Bachmann die Beschimpfungen und Beleidigungen gemacht habe, sagte er in seinem Plädoyer. Außerdem habe Bachmann zur Zeit seiner Tiraden im Herbst 2014 noch unter Bewährung gestanden. Der Dresdner ist der Justiz lange bekannt. Bachmann ist vielfach vorbestraft wegen Drogenhandels, Einbrüche, Körperverletzung, Diebstahl. Bachmann habe zum Hass aufgestachelt und den öffentlichen Frieden gefährdet, so Uhlemann. „Die Beweise sind tatsächlich erdrückend."

Bachmanns Verteidigerin Katja Reichel hatte hingegen Freispruch gefordert mit der Begründung, es sei nicht eindeutig, dass ihr Mandant die Beschimpfungen von sich gegeben habe. Reichel: „Herr Bachmann ist freizusprechen. Nichts ist nachgewiesen!"

Es waren keine Gegendemonstranten da

Der Dienstag war erst der zweite Verhandlungstag von ursprünglich dreien, die eingeplant waren. Vor dem Gericht war weniger los als an Tag eins: Es warteten drei Dutzend Pegida-Anhänger mit Plakaten und Fahnen, es gab keine Gegendemonstranten wie noch zu Prozesbeginn. Hin und wieder rief einer „Widerstand“. Im Saal ein ähnliches Bild: Als Bachmann mit seiner Frau Vicky den Saal betrat, recken die meisten Zuschauer die Daumen zum Zeichen der Aufmunterung für „unsern Lutz“.

Am Dienstagvormittag waren Zeugen befragt worden. Ein Dresdner Journalist und eine Kriminalbeamtin erklärten im Zeugenstand, dass sie die Bachmann zur Last gelegten Beschimpfungen für authentisch halten.

Der Journalist, dessen Zeitung die Äußerungen 2015 veröffentlicht hatte, sagte, er habe überhaupt „keinen Zweifel" an der Echtheit der Dokumente gehabt. Auch die ermittelnde Kripobeamtin bezweifelte dass, die Facebookeinträge manipuliert gewesen sein könnten.

Bachmann hat es schon vor langer Zeit zugegeben

Genau das hatte Bachmanns Anwältin Katja Reichel behauptet. Nicht Bachmann, sondern irgendwer habe die Flüchtlinge beleidigt. Auch seien die von einer anderen Zeugin vorgelegten Facebook-Ausdrucke "offensichtlich manipuliert" worden, sagte Anwältin Reichel. Außerdem, so ihre Argumentation sei der Facebook-Account nicht öffentlich gewesen, sondern Privatangelegenheit und deshalb sei der Tatbestands der Volksverhetzung gar nicht erfüllt worden. Reichel hatte beantragt, jemanden von Facebook vorladen zu lassen, der darüber Auskunft geben könne.

Die Argumentation stand von Anfang an auf äußerst wackeligen Beinen, weil Bachmann schon vor langer Zeit im Grunde zugegeben hatte, die Beschimpfungen gemacht zu haben. Am ersten Verhandlungstag war ein Videomitschnitt einer Pegida-Versammlung gezeigt worden, bei der er die Sache einräumte und herunterzuspielen versuchte. In dem Filmchen vom 9. Februar 2015 sah man den Montags-Redner, wie er zu der damals gegen ihn erhobenen Anklage Stellung nimmt. Er habe da ein paar Worte gebraucht, die jeder von uns schon einmal benutzt habe, sagte er, Sachen, die privat waren.

Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Seine Anwältin gab ihr Bestes. Sie versuchte die Angelegenheit so darzustellen, als bezögen sich Bachmanns Bemerkungen bei der Pegida-Demo gar nicht auf die Beschimpfungen, sondern einen ganz anderen Facebook-Eintrag – eine Argumentation, der das Gericht nicht folgen mochte.

Nach der Verkündung des noch nicht rechtskräftigen Urteils sagte sie, sie werde das Urteil durch alle Instanzen jagen. Der Dresdner Oberstaatsanwalt Lorenz Haase meinte: „Wir werden nächste Woche prüfen, ob wir gegen das Urteil vorgehen."