Pegida in Dresden Pegida in Dresden: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Akif Pirinçci wegen KZ-Äußerung bei Demo

Dresden - Dresden, erster Jahrestag der Pegida-Bewegung. Akif Pirinçci spricht auf der Bühne vor Tausenden von Anhängern der Bewegung. Die Grünen seien eine „Kinderfickpartei“, schimpft der deutsch-türkische Autor nach einem Bericht des „Spiegel“. Die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, seien „Invasoren“.
Schon am Sonntag kündigte Pirinçci auf seiner Website an: „Morgen werde ich anlässlich des einjährigen Bestehens von Pegida einen hübschen Text vorlesen, der in Sachen Wutrede in diesem Lande Maßstäbe setzen wird.“ Ein Versprechen, das der Schriftsteller an diesem Montagabend in Dresden einlöst.
Stimmung kippt gegen Pirinçci
„Offenkundig scheint man bei der Macht die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt zu haben, dass man ihm schulterzuckend die Ausreise empfehlen kann, wenn er gefälligst nicht pariert“, zitiert der „Spiegel“ Akif Pirinçci, bevor er den Satz sagt, den er in seiner Ankündigung gemeint haben könnte: „Es gäbe natürlich auch andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ Die Menge applaudiert - zunächst.
Denn die Stimmung gegen den Deutsch-Türken kippt im Anschluss: Nach „Spiegel“-Informationen skandiert das Publikum Minuten später „Keine Hetze“ und „Aufhören“.
Die Verlage Diana, Goldmann und Heyne haben mit großer Bestürzung und Unverständnis die Aussagen des Autors Akif Pirinçci auf der gestrigen Pegida-Kundgebung in Dresden zur Kenntnis genommen und distanzieren sich entschieden. Der Schutz von Demokratie und Menschenrechten ist für uns ein zentraler Bestandteil unseres verlegerischen Schaffens, ebenso wie der Respekt vor Traditionen und dem Wunsch nach kultureller Vielfalt. Die Aussagen von Akif Pirinçci stehen diesen Werten diametral entgegen.
Als Reaktion auf seine inakzeptablen Äußerungen werden unsere bereits vor Jahren veröffentlichten, ausschließlich belletristischen Bücher von Akif Pirinçci umgehend gesperrt und nicht mehr angeboten.
Mittlerweile ist bekannt: Die Staatsanwaltschaft Dresden hat gegen Pirinçci wegen dessen Rede Ermittlungen eingeleitet. Es liege ein Verdacht auf Volksverhetzung vor, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase am Dienstag in Dresden. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) begrüßte den Schritt der Behörde. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte die Bürger auf, gegen rechte Hetze vorzugehen. Auch Pirinçcis früherer Verlag reagierte. Nach der KZ-Äußerung hat die Verlagsgruppe Random House seine früheren belletristischen Bücher gesperrt. Als Reaktion auf seine „inakzeptablen Äußerungen“ würden seine bereits vor Jahren veröffentlichten Bücher nicht mehr angeboten, teilte die Verlagsgruppe mit. Die zur Gruppe gehörenden Verlage Diana, Goldmann und Heyne hätten mit „großer Bestürzung und Unverständnis“ die Aussagen zur Kenntnis genommen und distanzierten sich entschieden.
Selbst Pegida-Anhänger entsetzt
Ausschlaggebend für die Ermittlungen sei die Anzeige einer Privatperson, die noch in der Nacht bei der Polizei eingegangen war, sagte Haase. „Wir prüfen die strafrechtliche Relevanz.“ Konkret gehe es um den Satz: „Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb“. Pirinçci hatte diesen Satz am Montag nicht auf Flüchtlinge bezogen. Vielmehr versuchte er damit, deutsche Politiker zu verunglimpfen, die - so seine Wortwahl - „zunehmend als Gauleiter gegen das eigene Volk“ agierten.
Der Auftritt spaltete selbst die Anhänger der selbst ernannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ - kurz Pegida. „Viele Leute waren entsetzt“, sagte der frühere Pegida-Mitorganisator René Jahn der Deutschen Presse-Agentur. Viele hätten das Gelände verlassen wollen, seien aber wegen der dicht stehenden Menge gar nicht weggekommen.
Inzwischen hat sich Pegdia-Chef Lutz Bachmann für den hetzerischen Auftritt des deutsch-türkischen Autors entschuldigt. Bei Facebook schrieb er am Dienstag von einem „gravierenden Fehler“. Pirinçci habe am Montagabend vor der Semperoper eine nicht abgesprochene Rede gehalten. „Ich hätte in diesem Moment die einzig richtige Entscheidung treffen müssen und sofort das Mikro abschalten.“ Er trage die alleinige Schuld „für diesen unmöglichen Auftritt“, deshalb bleibe ihm nichts übrig, als sich „öffentlich und aufrichtig zu entschuldigen“. (mit dpa)