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Pegida in Dresden Pegida in Dresden: Nur 10.000 Pegida-Anhänger wollen Geert Wilders sehen

Von Bernhard Honnigfort 13.04.2015, 18:58
Pegida-Anhänger demonstrieren mit Merkel-feindlichen Plakaten.
Pegida-Anhänger demonstrieren mit Merkel-feindlichen Plakaten. REUTERS Lizenz

Dresden - Dresden, 19 Uhr, es ist vorbei. Die Nationalhymne ist gesungen und der starke Westwind hat an diesem Montagabend sogar den einen oder anderen Ton daraus bis in die drei Kilometer entfernte Dresdner Altstadt getragen. Die abgesperrte Wiese am ehemaligen Schlachthof im Norden der Stadt leert sich schnell, die Leute rollen ihre Fahnen ein. Auf der Bühne noch schnell ein paar Gruppenbilder mit Pegida-Chef Lutz Bachmann. Dann ist wirklich Schluss, das Wutbürgertum muss nach Hause. Die Polizeimannschaften starten ihre Wagen, die Wasserwerfer werden angelassen und ziehen ab, die berittene Polizei reitet langsam davon.  Eine alte Frau trägt ihr eigenartiges Pappschild so stolz vor sich her wie den ganzen Abend vorher schon: Volksholzauge sei wachsam“. Ein junger Mann  warnt vor den “Rothschilds“, wieder ein anderer fordert ein Ende von Merkels Kriegshetze“ gegen Russland.

Pegida-Kundgebung Nummer 23 in Dresden, seit Mitte Oktober vergangenen Jahres sich erstmals selbst ernannte Islam-Kritiker dort in der Altstadt trafen. Diesmal also außerhalb auf einem großen Platz, diesmal sollten 30.000 Leute kommen und ein Zeichen setzen, dass es mit den selbst ernannten Rettern des Abendlandes nach schwindendem Zulauf und nach Streitereien und Auflösungserscheinungen in der Pegida-Führung wieder bergauf geht. Diesmal war sogar ein prominenter Redner eingeladen, einer, der richtig Stimmung zu versprechen schien. Einer, der womöglich auch einen Hinweis geben sollte, wie und wohin es weitergehen könnte mit den montäglichen Zusammenkünften.

Nur 10.000 wollen Wilders sehen

Aber Geert Wilders, der berühmt-berüchtigte Rechtspopulist, Parteiengründer und Islam-Hasser aus den Niederlanden, er zog offensichtlich nicht. Statt der erhofften 30.000 kamen deutlich weniger, etwa 10.000, berichtete der MDR.

Die Kundgebungen wirken mittlerweile wie seltsam-bittere Rituale, wie eine Vorlesungsreihe aus dem Fachgebiet Wut auf die da oben“. Mal spricht als Gast ein zorniger Mann aus Österreich zur Menge, mal ein ehemaliger deutscher Tageszeitungsjournalist, mal ein Mann aus der Schweiz, mehrere Male nun schon Holländer oder die Hamburgerin Tatjana Festerling, die Anfang Juni Oberbürgermeisterin von Dresden werden möchte.

Nun also Geert Wilders. Er beginnt mit einer Dreiviertelstunde Verspätung. Dann hält er eine kurze Rede, einen Appell an die Dresdner, Sachsen, Deutschen,  standhaft zu bleiben vor dem Islam, vor den Politiker, vor den Medien.

 Er sehe sich klar in der Tradition von Kant, Schiller und Stauffenberg, teilt er den Zuhörern mit. Unsere eigene Kultur ist die beste Kultur. Einwanderer müssen unsere Werte annehmen und nicht andersherum." Das hört man gerne und antwortet mit Wir sind das Volk".

Dann geht es ein bisschen querbeet. Angela Merkel und Sachsens CDU-Regierungschef Stanislaw Tillich, bei deren Namensnennung die Menge sofort Volksverräter brüllt, kriegen was ab. Frau Merkel, die Mehrheit ihres Volkes ist der Meinung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Die Niederlande und andere westliche Nationen sind keine islamischen Länder. Wir wollen, dass unsere eigene jüdisch-christliche Kultur die Leitkultur bleibt. Wir möchten bleiben was wir sind."

Dann ein paar Bemerkungen zu  den  Terroranschlägen in Kenia, Paris und Kopenhagen. Deutschland könne gar nicht genug vor der Islamisierung gewarnt werden", ruft Wilders. "Nicht alle Muslime sind Terroristen. Aber die meisten Terroristen sind Muslime.

Heutzutage stehen wir alle auf der Todesliste“

Dann etwas in eigener Sache, schließlich steht Wilders unter Polizeischutz, er sagt, er stehe auf der Todesliste von Al Kaida. Heutzutage stehen wir alle auf der Todesliste der Dschihadisten. Ich habe Politiker satt, die ihre Köpfe in den Sand stecken wie Vogelsträuße.

Dann noch ein kurzes Lob auf Israel, diese Insel im Meer der Barbarei“ und schon ist auch Schluss. Die große Rede, die dann doch nicht so groß wurde und auch nicht anders klang als Reden auf den Versammlungen bis Nummer 22, sie ist vorbei und der Applaus ist auch nicht heftiger als bei früheren Kundgebungen, bei denen zornige Österreicher, Schweizer, Ex-Journalisten und Holländer redeten.

Kurz nach der Wilders-Ansprache berichtet Pegida-Chef Bachmann, im Stadtteil Dresden-Friedrichstadt sei eine Straßenschlacht zwischen Polizeibeamten und etwa 1000 Leuten im Gange ein Satz, dem ein wütendes Aufjaulen der Menge folgt. Scheiß Linksdreck, scheiß Linksfaschisten“, ruft ein bulliger Kerl.

Später widerspricht die Polizei. Es habe überhaupt keine Krawalle gegeben, teilt sie mit. Ein paar Blockadeversuche, ja. Eine Festnahme und rund 3000 Menschen, die friedlich an Gegenkundgebungen teilnahmen. Aber mehr war gar nicht an diesem Montagabend in Dresden. Trotz Wilders.

Pegida-Gegner demonstrieren im Dresdner Stadtzentrum.
Pegida-Gegner demonstrieren im Dresdner Stadtzentrum.
dpa Lizenz