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Party mit Egon Krenz Party mit Egon Krenz: Honda wurde nach Politbüro-Feier richtig sauer

Von Hajo Krämer 12.01.2004, 19:08
Unter grossem Medieninteresse verlässt der ehemalige DDR-Staatsratsvorsitzende Egon Krenz am Donnerstag (18.12.2003) die Haftanstalt Plötzensee in Berlin. Nach knapp vier Jahren Strafvollzug ist Krenz vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Das Berliner Landgericht hat seine Reststrafe von rund zweieinhalb Jahren zur Bewährung ausgesetzt. (Foto: dpa)
Unter grossem Medieninteresse verlässt der ehemalige DDR-Staatsratsvorsitzende Egon Krenz am Donnerstag (18.12.2003) die Haftanstalt Plötzensee in Berlin. Nach knapp vier Jahren Strafvollzug ist Krenz vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Das Berliner Landgericht hat seine Reststrafe von rund zweieinhalb Jahren zur Bewährung ausgesetzt. (Foto: dpa) dpa

Rostock/MZ. - Der Autokonzern Honda hat fristlos den Vertrag mit einem Rostocker Autohändler gekündigt, weil der eine Feier mit dem vorzeitig aus der Haft entlassenen letzten DDR-Staatschef Egon Krenz veranstaltet hat. "Wir distanzieren uns mit aller Entschiedenheit" sagte Honda-Sprecher Alexander Heintzel der MZ. Der entstandene Image-Schaden sei groß. Der Händler habe seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf Interessen des Unternehmens verletzt. Betroffen ist Vertragshändler Ulrich Peck, früherer FDJ-Bezirkschef von Rostock. Er will nun gegen die Kündigung klagen.

Es war eine illustre Runde, die da kurz nach Neujahr in Ulrich Pecks Rostocker Honda-Autohaus zusammenkam. Zu einer Wiedersehensfeier, wie es heißt. Denn Ulrich Peck, einst Erster Sekretär der Rostocker Bezirksleitung der FDJ, hatte seinen früheren Ziehvater eingeladen - Egon Krenz. Der heute 66-jährige letzte DDR-Staats- und Parteichef war kurz vor Weihnachten vorzeitig aus der Haft entlassen worden, zu der er wegen der Toten an der Mauer verurteilt worden war.

Auch andere alte und neue Kampfgefährten standen auf der Gästeliste: Der frühere Armeechef Fritz Streletz war da, der letzte DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler, auch der stellvertretende Regierungschef von Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Methling (PDS) und der PDS-Bundesvorsitzende Lothar Bisky. "Ich wusste, dass Krenz da sein wird. Aber das ist ja nicht verboten", entschuldigt sich Bisky, der seinen Privatwagen bei Peck gekauft hat.

An der Küste schlagen die Wellen hoch. "Diese Party zeigt, wie die alten Seilschaften des SED-Regimes heute noch funktionieren", empört sich Hans-Joachim Schramm aus dem Seebad Kühlungsborn in einem Leserbrief an die Ostseezeitung. Unfug, kontert Herbert Stekla aus Rostock: "Ich weiß nicht, was falsch daran ist, sich Silvestergäste einzuladen, mit denen man grundsätzlich einer Meinung ist."

Die öffentliche Kontroverse schwappt bis nach Offenbach, dem Sitz von Honda Motor Europe. Dort hat man jetzt die Notbremse gezogen und alle Verträge mit Autohaus-Besitzer Ulrich Peck fristlos gekündigt. Alle Autolieferungen sind eingestellt. Gestern wurde das Geschäft des 55-Jährigen auch vom elektronischen Honda-Händlerring abgeklemmt.

"Dass die Ausstellungsräume in aller Öffentlichkeit dazu missbraucht wurden, ehemalige SED-Größen zu einer feuchtfröhlichen Feier mit Egon Krenz zu empfangen, findet unsere schärfste Missbilligung", begründete gestern Honda-Sprecher Alexander Heintzel die Entscheidung gegenüber der MZ. "Der Image-Schaden für uns ist groß." Bei empörten Kunden sei der Eindruck entstanden, Honda habe die Feier veranstaltet und nicht Vertragshändler Peck als Privatmann, erläutert Heintzel. "Wäre die alte SED-Spitze zur Vorstellung der neusten Honda-Modelle eingeladen worden, hätten wir keine Handhabe gehabt."

Ulrich Peck war gestern nicht erreichbar, dafür sein Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel (CDU). "Die Anwesenheit umstrittener, aber freier Personen kann nach deutschem Recht kein Gegenstand einer Kündigung von Wirtschaftsverträgen sein", sagte der letzte DDR-Innenminister der MZ. Eine solche Verquickung von Politik und Wirtschaft sei nicht zulässig. "Ich werde mit Honda Gespräche führen. Gleichzeitig muss ich aber wegen der Kündigung schon handeln", so der CDU-Mann.

Welche Schritte er einleiten wird, ließ Diestel gestern offen. Denkbar wäre eine einstweilige Verfügung und ein späterer Prozess vor einem Landgericht. Sollte das Gericht die fristlose Kündigung dann abschmettern, bliebe Honda nur eine erneute, ordentliche Kündigung des einstmals unbefristeten Händlervertrages mit Peck. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre.

Der ehemalige Staatsratsvorsitzende Egon Krenz (l.) verlässt am Donnerstag (18.12.2003) in Begleitung seines Anwaltes Robert Unger die Haftanstalt Plötzensee in Berlin. Nach knapp vier Jahren ist Krenz vorzeitig aus der Haft entlassen worden. (Foto: dpa)
Der ehemalige Staatsratsvorsitzende Egon Krenz (l.) verlässt am Donnerstag (18.12.2003) in Begleitung seines Anwaltes Robert Unger die Haftanstalt Plötzensee in Berlin. Nach knapp vier Jahren ist Krenz vorzeitig aus der Haft entlassen worden. (Foto: dpa)
dpa