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Özdemir setzt auf Teamfähigkeit

03.06.2008, 19:24

Berlin/Stuttgart/dpa. - Bei den Grünen ist das Rennen um die Nachfolge von Parteichef Reinhard Bütikofer voll im Gange. Der Europaabgeordnete Cem Özdemir kündigte an, er wolle auf einen teamorientierten Arbeitsstil setzen, falls er im November zum neuen Parteichef der Grünen gewählt werde.

Der Fraktionsvorsitzende im Land Berlin, Volker Ratzmann, will bis Ende Juni entscheiden, ob er für den Bundesvorsitz kandidiert. «Ich habe weiterhin großes Interesse an dem Amt. Daran hat sich auch nichts durch die Bewerbung von Cem Özdemir geändert», sagte Ratzmann am Dienstag der Deutschen Presse- Agentur dpa in Berlin.

Özdemir sagte der dpa in Stuttgart: «Ich bin nicht einer, der mit der Faust auf den Tisch haut.» Oft sei es besser, einen runden Tisch zu bauen, um den sich alle versammeln und am Gesamtprojekt arbeiten. Die Parteispitze müsse sich mehr um grundlegende Fragen kümmern und die Debatte darüber organisieren, «wie wir in zehn oder zwanzig Jahren leben». Schwerpunkte will der 42-jährige Schwabe türkischer Herkunft auf die Bildungs- und die Integrationspolitik legen.

Özdemir hatte am Montag angekündigt, beim Parteitag der Grünen am 14. November für die Nachfolge des scheidenden Vorsitzenden zu kandidieren. Die Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, hat sich für die Wahl Ratzmanns ausgesprochen. Die Wiederwahl der Co- Vorsitzenden Claudia Roth gilt als sicher. Mit Spannung wird nun eine Klausur des Reformerflügels der Grünen, früher Realos genannt, am 20. und 21. Juni erwartet. Während Roth die Parteilinke vertritt, wird als Bütikofer-Nachfolger ein Reformer gesucht.

Ratzmann sagte: «Ich habe parteiintern noch einige Abstimmungsprozesse, die ich noch zu Ende führen möchte.» Er habe sowohl aus der Bundespartei wie aus dem Berliner Landesverband Unterstützung erhalten, sagte der 48-Jährige. Auch Künast hatte in den 90er Jahren die Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus angeführt.

Als wichtige Zukunftsfragen für die Grünen nannte der Rechtsanwalt den Klimaschutz und die Energiepolitik sowie den wirtschaftlichen Aufschwung, «der auch bei den Menschen ankommen muss». Die Sozialsysteme müssten stabil gestaltet werden. «Wir leben in einem reichen Land, in dem niemand durch den sozialen Rost fallen muss», sagte Ratzmann. Dritter Schwerpunkt sei bei ihm die Bildungspolitik, «um die Republik fit zu machen für die Wissensgesellschaft».

Özdemir will einen Schwerpunkt nicht nur auf die Integrationspolitik legen, sondern die Bildungsfrage umfassender stellen. Kinder aus Arbeiterfamilien müssten stärker gefördert werden. «Das Potenzial der Facharbeiter, an denen es zur Zeit mangelt, ist bei uns auf der Straße.» Auf mögliche Bündniskonstellationen nach der Bundestagswahl 2009 legte sich Özdemir nicht fest.

Bütikofer, der im Herbst nicht mehr kandidieren will, lobte in der «Passauer Neuen Presse» das Personalangebot seiner Partei: «Es wird jedenfalls deutlich, dass die Grünen eine Reihe von Leuten haben, die in der Lage sind, so einen nicht ganz unwichtigen Posten auszufüllen.» Fraktionschef Fritz Kuhn sagte in Berlin: «Wir werden uns innerparteilich einigen.» Der Bremer Umweltsenator Reinhard Loske und die Abgeordnete Christine Scheel traten in der «Berliner Zeitung» für Özdemir ein.