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Ökonom Thomas Piketty Ökonom Thomas Piketty: Superstar ohne Lust auf den Superorden

Von Michael Hesse 02.01.2015, 14:07

Viele sehen in ihm einen Robin Hood des 21. Jahrhunderts. Der französische Ökonom Thomas Piketty ist mit seinem Werk „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ zu einem der wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler der Gegenwart aufgestiegen. Der bekannte US-amerikanische Ökonom Paul Krugman attestierte Piketty sogar eine nobelpreiswürdige Leistung. Allerdings fehlte es auch nicht an Kritikern, sogar von der Seite des gewerkschaftsnahen Wirtschaftsweisen Peter Bofinger. Doch sein Werk hat aus Piketty einen Superstar gemacht. Es trage die Handschrift eines leidenschaftlichen Intellektuellen der Linken aus Frankreichs Metropole, sagen viele Experten.

Helle Aufregung in Paris

Umso überraschender kam nun für viele Pikettys Weigerung, den ranghöchsten Orden Frankreichs anzunehmen. Er sollte zum Ritter in der französischen Ehrenlegion berufen werden. Der Superstar der Ökonomie lehnt Frankreichs Superorden ab – in Paris sorgt Pikettys Provokation nun für helle Aufregung. Schließlich handelt es sich um die ranghöchste Auszeichnung Frankreichs, die 1802 von Napoleon Bonaparte eingeführt wurde. Der Orden soll militärische und zivile Verdienste, und auch ausgezeichnete Talente und große Tugenden gebührend würdigen.

Talente und Tugenden besitzt Piketty in der Tat. Der Vater dreier Kinder, wurde am 7. Mai 1971 in der Pariser Vorstadt Clichy geboren. Seine Lebensgefährtin war bis 2009 die Schriftstellerin und sozialistische Politikerin Aurélie Filipetti. Seine Eltern, einst in der trotzkistischen Partei Lutte Ouvrière, kauften sich später ein Haus in Südfrankreich und hüteten Ziegen.

Für sein Studium ging Piketty zurück nach Paris, studierte dort Mathematik an der angesehenen École normale supérieure (ENS). Sein Doktorvater, an der London School of Economics, war der berühmte Ökonom Anthony Atkinson , der sich schon seit Beginn der 1970er Jahre mit der Analyse von Einkommensverteilung und wirtschaftlicher Ungleichheit befasste. In Fachkreisen galt der 43-jährige Piketty, der bereits im jungen Alter von 22 Jahren Assistenzprofessor am renommierten MIT war, schon seit längerem als einer der führenden Verteilungsforscher. Berühmt wurde aber erst durch sein Buch.

Ein Buch des Optimismus’

Den Orden lehnte Piketty mit der Begründung ab, die Regierung in Paris solle lieber Europas darbende Konjunktur als einen prominenten Professor fördern. „Ich denke nicht, dass es die Aufgabe der Regierung sein sollte zu entscheiden, wer ehrenhaft ist“, sagte Piketty, „sie täten besser daran, sich um ein Ankurbeln des Wachstums in Frankreich und Europa zu kümmern.“ Der Bestseller-Autor, der die Sozialistin Ségolène Royal während des Präsidentschaftswahlkampfes 2007 als wirtschaftspolitischer Berater unterstützte, hatte der sozialistischen Regierung wiederholt vorgehalten, sie solle per verschärfter Steuerprogression mehr gegen die Einkommensungleichheit tun.

Piketty vertritt den typischen Optimismus der Linken, nach der die Umgestaltung der Welt möglich ist. In seinem 1000 Seiten starken Werk glaubt Piketty das eigentliche Entwicklungsgesetz des Kapitalismus gefunden zu haben. Bei der Vorstellung des Buches in Frankfurt zeigte er sich überrascht, dass sein Werk ein Ausbund des Pessimismus sein sollte. „Es ist ein Buch des Optimismus’“, sagte er dieser Zeitung. Der sensationelle Bucherfolg und Pikettys mediale Präsenz lassen sich auch dadurch erklären, dass Piketty das Bauchgefühl vieler Menschen traf.